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    Zur besseren Integration fehlt oft die nötige Information

    Biberach, 18.03.2019 (Gerd Mägerle, ©Schwäbische Zeitung)

    Knapp 70 Biberacher Bürger haben sich bei einem Workshop am Wochenende im Stadtteilhaus Gaisental Gedanken darüber gemacht, welche Maßnahmen oder neuen Projekte es braucht, um die Integration ausländischer Mitbürger zu verbessern. Die Ergebnisse des Workshops sollen nun in Arbeitsgruppen vertieft und für die Fortschreibung des seit 2009 bestehenden Integrationskonzepts genutzt werden. Eine Erkenntnis: Viele Dinge gibt es bereits, oft fehlt es aber an der entsprechenden Information der Bevölkerung.

    Die Stadt hatte für das Workshop-Wochenende im Vorfeld einen großen Aufwand betrieben. 2400 Biberacher wurden gemäß eines repräsentativen Bevölkerungsquerschnitt per Zufallsprinzip angeschrieben, um möglichst viele Bevölkerungsschichten anzusprechen. Mit etwa 120 Teilnehmern hatte die Verwaltung vorab gerechnet. Das Interesse war nicht ganz so groß wie erhofft, so dass der Anmeldeprozess im Vorfeld für alle Interessierten geöffnet wurde. So waren es am Ende knapp 70 Leute aller Altersschichten, die sich aktiv am Workshop beteiligten, der auch mit Landesmitteln bezuschusst wurde.

    Sechs Arbeitsgruppen präsentierten ihre Ergebnisse am Samstag bei einem Pressetermin im Beisein von Oberbürgermeister Norbert Zeidler. Eine Gruppe hatte sich Gedanken gemacht, wie ein Begegnungshaus für Einheimische und Ausländer aussehen könnte. Räume dafür könnte sich die Gruppe im Pestalozzihaus, im Abseitz sowie in den bestehenden Angeboten Ubuntu, Livingroom oder Come-In vorstellen. In einem niederschwelligen, kultur- und generationsübergreifenden Miteinander könnten dort Koch-, Theater- oder Musikangebote gemacht werden. Für den Betrieb eines solchen Begegnungshauses sei vermutlich eine Struktur in Form eines Vereins erforderlich, so die Teilnehmer der Arbeitsgruppe.

    Eine zweite Gruppe hatte sich mit dem Thema einer „Patenschaftsbörse“ befasst, in der Einheimische Zugezogene bei verschiedenen Dingen unterstützen. Auch hierfür brauche es einen Raum, in dem Austausch und Begegnung stattfinden könne. Außerdem müsse man zunächst klären, ob es bereits ähnliche Angebote gebe.

    Um einen festen Platz für kulturellen Austausch bemühte sich die dritte Arbeitsgruppe. Hier kamen die Teilnehmer unter anderem zu dem Ergebnis, dass in diesem Bereich schon vieles angeboten werde, was in der Bevölkerung aber noch nicht bekannt sei – ein Punkt auf den bei der Präsentation mehrfach aufmerksam gemacht wurde. Die Gruppe sah deshalb einen Schwerpunkt darin, über diese Angebote aktiver zu informieren und sie zu bewerben. Vorschläge waren, eine App einzurichten, entsprechende Schilder in der Stadt aufzustellen und die Angebote vorzustellen, zum Beispiel im Jugendhaus. Auch eine Stadtrallye beim Ferienprogramm könnte eine Möglichkeit sein, auf Orte des kulturellen Austauschs hinzuweisen.

    „Wie funktioniert Deutschland?“

    Welche zusätzlichen Bildungsangebote sind notwendig? Sol lautete die Fragestellung für die vierte Arbeitsgruppe. Hier kam die Anregung, ein Elternmentorenprogramm wieder zu beleben, das Eltern hilft, sich im deutschen Bildungssystem zu orientieren, wenn es um die Schulbildung für ihre Kinder geht. Eine weitere Idee ist, Kurse oder Schulungen unter dem Oberthema „Wir funktioniert Deutschland?“ anzubieten.

    Wie eine App oder Internetseite aussehen könnte, die integrative Angebote in der Stadt bündelt, war das Thema der fünften Arbeitsgruppe. Diese sollte kostenlos, einfach strukturiert und übersichtlich sein und möglicherweise in verschiedenen Sprachen angeboten werden.

    Keine Ghettos

    Mit Themen, die den Teilnehmern sonst noch auf den Nägeln brannten, befasste sich die sechste Arbeitsgruppe. Deren Teilnehmer machten besonders auf das Thema Wohnraum aufmerksam. Die Stadtverwaltung solle darauf achten, dass es nicht zu Ghettos mit ausländischen Mitbürgern komme, sondern einen bestimmten Prozentsatz an Mietwohnungen und Baugrundstücken an Flüchtlinge und Zugezogene vergeben, lautete der Appell. Außerdem müsse der Austausch zwischen Ehrenamt und Dienststellen bei Stadt und Kreis vertieft werden. Eine weitere Anregung lautete, Kirchen in der Stadt auch anderen Religionen zur Verfügung zu stellen.

    Viele Ideen seien bisher nur in Rohform vorhanden, sie sollen aber bei weiteren Treffen der Arbeitsgruppen im Mai vertieft werden, sagte Moderatorin Heike Ewert. Hierzu werden diese von der städtischen Integrationsbeauftragten Yvonne Moderecker eingeladen. OB Zeidler lobte die Ansätze, die aus den Arbeitsgruppen kamen und dankte den Bürgern für ihr Engagement. „Man sieht, in welchen Bereichen die großen Interessen liegen.“ Er versprach, die vorgeschlagenen Themen sehr ernst zu nehmen.

    Unterschrift Foto: Rund 70 Teilnehmer haben sich an einem Workshop zur Fortschreibung des Biberacher Integartionskonzepts beteiligt. Bild: Florian Achberger, ©Schwäbische Zeitung