Aulendorf sz
Seit einigen Wochen hat Aulendorf eine Integrationsbeauftragte. Sonja Hummel ist 25 Jahre alt, stammt aus Ingoldingen und schreibt derzeit ihre Masterarbeit zum Thema „Wertholzgewinnung aus Obstgehölzen in Agroforstsystemen“. „Das hört sich vielleicht so an, als ob das nicht zusammen passt“, sagt Hummel und erklärt der „Schwäbischen Zeitung“ dann, weshalb sie sich trotzdem in Aulendorf an der richtigen Stelle sieht.
Auf dem Schreibtisch der Integrationsbeauftragte in Zimmer 602 im sechsten Stock des Aulendorfer Rathauses liegen am Montagvormittag sauber sortierte Papierstapel, eine Ordnungsmappe, und ein Stapel Notizzettel. „Ich organisiere gerne und mache auch ganz gerne Papierkram“, sagt Hummel und verweist auf Praktika im Landratsamt Biberach und beim Leader-Projekt in Sigmaringen. Den Tag hat sie mit dem Sortieren der Post begonnen. „Es kam der Bescheid über die Zuwendung des Landratsamts für den Helferkreis“, sagt sie und zieht einen Brief hervor. 1200 Euro gibt es in diesem Jahr für die Gruppierung.
„Aufrichtige Wertschätzung gegenüber den Ehrenamtlichen“, nennt Hummel als wichtigste Eigenschaft, die sie für ihre 50-Prozent-Stelle benötigt. Und in der Tat macht die Arbeit mit den Ehrenamtlichen den größten Teil von Hummels Arbeit aus. Sie ist deren Ansprechpartnerin bei Fragen rund um die Flüchtlingsbetreuung, hilft bei der Organisation von Veranstaltungen und der Umsetzung von Projekten, übernimmt Pressearbeit und ist bei dem jeden Donnerstag stattfindenden Austauschtreffen zwischen Stadtverwaltung und Helferkreis dabei. Es gehe auch um eine grundsätzliche Entlastung des Helferkreises und darum, den Ehrenamtlichen mit einer hauptamtlichen Ansprechpartnerin den Rücken zu stärken.
Infoveranstaltungen besuchen
Auch der Besuch von Informationsveranstaltungen, etwa der Sitzung des Netzwerks Integration des Kreises oder zu Arbeitsmarktzugängen für Flüchtlinge, gehört zu ihren Aufgaben. Wissen, das sie mit dem Helferkreis teil, der wiederum die Kompetenz vor Ort habe. „Der Helferkreis ist gut organisiert, die Kommunikation mit der Stadt ist vorhanden, natürlich auch mal kritisch aber sehr konstruktiv“, zieht sie nach den ersten Wochen ihr Fazit.
Flüchtlinge beraten
Zu Hummel in den sechsten Stock kommen aber auch Flüchtlinge. „Es sind jetzt immer mehr Syrer, die subsidiären Schutz bekommen“, sagt Hummel, und für diese ist die Stadt zuständig. Sie kämen etwa mit Fragen zu Anträgen für die Übernahme von Arztkosten oder auch wegen der Praktikastellen, die der Helferkreis derzeit vermittelt. Auch die an dem Projekt beteiligten Betriebe oder ein Kindergarten rufen bei Fragen zum Ablauf eines solchen Praktikums bei Hummel an. Was immer wieder ein Thema sei, sei die Wohnungssuche.
„Zur Zeit leben etwa 20 Personen, die die Anerkennung haben, im Alten- und Pflegeheim“, berichtet Hummel. Ist der Asylantrag anerkannt, dürfen die entsprechenden Personen sich selbst eine Wohnung suchen und aus den Erstunterbringungsunterkünften ausziehen. Ihnen teile das Landratsamt mit, dass sie in der Regel binnen vier Wochen einen Mietvertrag vorlegen müssten, danach könne der Landkreis sie in eine Gemeinde seiner Wahl verlegen. Das sei ihres Wissens nach noch nicht passiert. Allerdings sei es für die Syrer schwer, eine Wohnung zu finden. Bislang bleiben sie daher im ehemaligen Altenheim wohnen.
„Wenn die Flüchtlinge in eigene Wohnungen ziehen oder Wohngemeinschaften gründen, bin ich gespannt, wie die Betreuung läuft“, sagt Hummel. Bisher sei sie schnell vor Ort, das ehemalige Alten- und Pflegeheim liegt auf der anderen Straßenseite. Dann werde vielleicht mehr über das Telefon erledigt oder mehr Besucher fänden den Weg in ihr Büro. Nicht immer kann sie helfen, und manchmal sei es auch hart, sagt Hummel und berichtet von einem Besuch zweier Syrer vergangene Woche. „Das saßen zwei Männer vor mir, die beinahe losgeweint hätten.“ Beide hätten sich um ihre Familien gesorgt, von denen sie nicht wussten, wann sie sie je wiedersehen werden.
Keine Sozialpädagogin
An Grenzen komme sie, wenn ihre Aufgabe missverstanden würde. „Ich habe nicht die Kompetenz eines Sozialpädagogen“, erklärt sie und macht deutlich, dass die Flüchtlingssozialbetreuung der Caritas zwar für die Erstunterbringung da sei, in der Anschlussunterbringung eine solche Stelle aber fehle. Das dürfe man nicht von der Agenda verlieren, findet die Integrationsbeauftragte.
Wenn Hummel entspannen will, sagt sie, geht sie in den Gemüsegarten. Sie ist im Verein Solidarische Landwirtschaft Ravensburg aktiv. Aber auch in Aulendorf hat sie sich bereits umgeschaut. „Ich war schon einmal spazieren bis zum Steegersee“, sagt sie, lacht und gibt zu, noch Nachholbedarf zu haben. Zum Oktober wolle sie aber nach Aulendorf ziehen, sie schätze kurze Wege und wolle mehr vom gesellschaftlichen Leben dort mitbekommen. Und wie passt nun das Masterstudium des Regionalmanagements zur Integrationsbeauftragten? Es gehe bei beidem um das Geschehen auf regionaler Ebene, sagt Hummel und lacht, darum, etwas vor Ort zu bewegen.
Sonja Hummel hat als Integrationsbeauftragte ihr Büro im Rathaus in Zimmer 602. Sie ist erreichbar unter sonja.hummel(at)aulendorf.de sowie unter neuer Telefonnummer 07525/934/113.
Unterschrift Foto: Sonja Hummel interessiert sich dafür, wie Menschen vor Ort etwas bewegen und unterstützt als Integrationsbeauftragte die Ehrenamtlichen des Helferkreises Asyl in Aulendorf. Bild: Paulina Stumm, ©Schwäbische Zeitung