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    Das strebt auch der Landkreis an – Gasthaus „Adler“ bleibt zunächst frei

    Ummendorf, 24.10.2015 (Markus Dreher, ©Schwäbische Zeitung)

    Das Landratsamt hat Gespräche mit dem Eigentümer des Gasthauses Adler in Ummendorf geführt, doch zunächst wird der Kreis Biberach dort keine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge einrichten. Der Kreissprecher Bernd Schwarzendorfer sagte auf Anfrage, man sei sich mit der Gemeinde einig, dass Ummendorf bereits viel tue und nicht einzelne Gemeinden über Gebühr belastet werden sollten.

    In Ummendorf werden demnächst Flüchtlinge in die ehemalige Pension Waidägle einziehen, eine Unterkunft des Kreises mit rund 50 Plätzen. Mit Blick darauf sprachen sich die Gemeinde und der Ummendorfer Unterstützerkreis dagegen aus, alsbald das Gasthaus Adler mit bis zu 50 weiteren Flüchtlingen zu belegen. Der Standort mitten im Ort, bei Kirche und Rathaus, wird kritisch gesehen. Vor allem aber wirbt Bürgermeister Klaus Bernd Reichert in einem Brief an Landrat Heiko Schmid für eine gleichmäßige Verteilung abhängig von den Einwohnerzahlen. Dieser Appell war Ausfluss einer nichtöffentlichen, laut Reichert kontroversen Debatte im Gemeinderat und mit dem Unterstützerkreis abgestimmt.

    Reichert und das Sprachrohr der ehrenamtlichen Helfer, Eleonore Laib, betonten im Gespräch mit der SZ, dass man sich nicht grundsätzlich verschließe. Man wisse genau um die Not des Kreises und dessen Pflicht, Flüchtlinge unterzubringen. „Uns geht es um die zeitliche Taktung“, sagt Reichert.

    Die Gemeinde habe ihr Soll bei der Anschlussunterbringung als eine von wenigen im Moment sogar übererfüllt und der Unterstützerkreis begleitete diese Familien gleich von Anfang an. Die Ehrenamtlichen helfen obendrein Flüchtlingen, die nicht auf die offizielle Quote angerechnet werden. Mehr als 30 Personen würden begleitet. Es wurden bereits zusätzliche Helfer gewonnen, die auch im Waidägle das Angebot der Sozialarbeiterin des Kreises künftig ergänzen möchten – wie vom Landratsamt generell erwünscht.

    Die engagierten Ehrenamtlichen „nicht verbrennen“

    „Wir wollen uns der Aufgabe stellen“, sagt Reichert. Aber jetzt müsse man die Flüchtlinge im Waidägle zunächst wirklich ankommen lassen. Es brauche Zeit zu schauen, wer von den neuen Ehrenamtlichen was leisten könne. Kämen jetzt „innerhalb kürzester Zeit“ noch 50 Flüchtlinge ins Gasthaus Adler, „können wir das alles nicht mehr in der Qualität leisten, die wir bieten wollen“, fürchten die Verantwortlichen. „Wir haben das bisher toll hingekriegt“, lobt Reichert die Ehrenamtlichen. Ganz wichtig sei aber, darauf zu achten, diese „nicht zu verbrennen“. Schließlich sei auch dem Landkreis und den Flüchtlingen nicht gedient, wenn einzelne Gemeinden überlastet würden.

    Daher appelliert Ummendorf an den Kreis, „zum Wohle aller“ zunächst die Potenziale in den „weißen Flecken“ auf der Karte mit den Quoten von Gemeinschaftsunterkünften und Anschlussunterbringung auszuschöpfen. „Wir haben unsere Hausaufgaben frühzeitig gemacht“, sagt Reichert. Das zeigt sich auch daran, dass Ummendorf jetzt schon vorausschauend an den Bau von Flüchtlingsunterkünften fürs nächste Jahr denkt.

    Ähnlich vorausschauend möge der Landkreis nicht jede Unterkunft nehmen, die er angeboten bekomme, sondern „eine solidarische Gemeinschaft von 45 Gemeinden“ einfordern, plädieren die Gemeinde und der Unterstützerkreis.

    Im Grunde sieht man das im Landratsamt wohl ähnlich. Dessen Sprecher Schwarzendorfer sagte der SZ, bereits vor Eingang des Briefs aus Ummendorf seien die Bürgermeister und ehrenamtlichen Bürgermeister-Stellvertreter all jener Kreisgemeinden eingeladen worden, in denen bisher keine Gemeinschaftsunterkünfte vorhanden oder geplant sind. Er betont: „Ummendorf verhält sich vorbildlich, sowohl was Gemeinschaftsunterkünfte als auch Anschlussunterbringung angeht.“

    Landkreis sucht weiterhin dringend nach Unterkünften

    Der Kreis bedarf nicht der Zustimmung von Gemeinden, um Immobilien für Flüchtlinge anzumieten. Dennoch sehe der Kreis von sich aus „zunächst“ davon ab, den Gasthof Adler zu nutzen, sagt Schwarzendorfer, „weil wir uns dieser angesprochenen Themen bewusst sind“.

    Er ließ indes keinen Zweifel daran, dass der Landkreis weiter unter enormem Druck steht: „Ab Januar sieht’s schlecht aus. Wir sind nach wie vor dringend auf der Suche nach Unterkünften.“

    Unterschrift Foto: Das Gasthaus Adler in Ummendorf wird zunächst nicht als Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge genutzt. Die Gemeinde und der ehrenamtliche Unterstützerkreis hatten sich dagegen ausgesprochen und das Landratsamt nahm fürs Erste Abstand davon Bild: Markus Dreher, ©Schwäbische Zeitung