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    Dem Sieger des Biberacher Genießerlaufs droht die Abschiebung

    Biberach, 13.11.2019 (Mesale Tolu, ©Mesale Tolu)

    Dem Sieger des Biberacher Genießerlaufs droht die Abschiebung: Lamin Muhammad Bah ist aus Afrika geflüchtet und lebt seit nunmehr vier Jahren in Deutschland. Als Küchenhilfskraft arbeitete er im „Grünen Baum“ – bis ihm die Behörden die Arbeitserlaubnis entzogen. Jetzt ist er zum Nichtstun verdammt, was sein Chef Andreas Höschele scharf kritisiert. Er fühlt sich von der Politikern wie dem Landrat im Stich gelassen – ja sogar getäuscht.

    Der Biberacher Arbeitgeber Andreas Höschele wünscht sich mehr Nachsicht und Unterstützung für geflüchtete Menschen, die eingestellt wurden und denen nun die Abschiebung droht. Der Inhaber des Gasthofs und Hotels Grüner Baum beschäftigt seit Jahren in seiner Küche Flüchtlinge, die aus Gründen der Perspektivlosigkeit von Afrika nach Deutschland geflohen sind.

    Den Worten sollten auch Taten folgen.
    Andreas Höschele

    „Als 2015 die große Flüchtlingswelle war, forderte die Politik Unternehmer und Arbeitgeber auf, diesen Menschen Arbeit zu geben, um ihre Eingliederung in die Gesellschaft zu erleichtern“, erinnert sich Höschele.

    Die jahrelange Einarbeitung seiner Hilfskräfte endet nämlich in einer Sackgasse: „Wir haben uns gegenseitig Mühe gegeben, um etwas Grundlegendes aufzubauen und jetzt wollen die Behörden ihn abschieben.“

    Abgeschoben werden soll in diesem konkreten Fall Lamin Muhammad Bah, der seit 2015 in Deutschland lebt und im August 2017 im „Grünen Baum“ als Küchenhilfskraft zu arbeiten begann.

    Bah kommt ursprünglich aus Gambia und ist Leistungssportler, kürzlich wurde er zum Sieger des Biberacher Genießerlaufs gekürt. Er hat auch an anderen bundesweiten Wettkämpfen teilgenommen.

    Keine Arbeit, kein Sport

    Heute darf er weder arbeiten noch in seinem Verein, dem SSV Ulm, mit Mannschaftskollegen trainieren, denn erst wurde Lamin Bah im März 2018 die Arbeitserlaubnis entzogen und später sein Aufenthalt auf den Landkreis Biberach begrenzt. Höschele zitiert die Begründung der Behörden, er sei seiner Mitwirkungspflicht bei der Identitätsprüfung nicht nachgegangen. Dem liegt ein nicht wahrgenommener Termin bei den Behörden zugrunde.

    „Sie haben ihm einen Brief in das Flüchtlingsheim geschickt, Lamin war aber bereits umgezogen und hat diesen Brief nie erhalten“, sagt Höschele. Auch laut seines Anwalts kann man Lamin Muhammad Bah eine absichtliche Verwehrung der Mitwirkungspflicht nicht anlasten, denn alles sei den Behörden rechtens mitgeteilt worden.

    „Lamin war nicht nur bei der Arbeit sehr sorgfältig und lernbereit, er ist auch wegen seiner sportlichen Betätigung sehr diszipliniert gewesen“, daher trifft die Entscheidung der Behörden bei Andreas Höschele auf Unverständnis. Aber der junge Sportler kann formell auch nicht abgeschoben werden, weil er keine Geburtsurkunde und keinen Pass besitzt.

    Wird gezielt darauf hingearbeitet, dass diese Menschen in die Kriminalität getrieben werden, um sie danach mit einer Berechtigung abzuschieben?
    Andreas Höschele

    Bah ist in Sierra Leone geboren und wurde von einer Familie aus Gambia adoptiert. Auch in Gambia besaß er keinen Pass, sondern nur einen Identitätsnachweis. Damit ihm die deutschen Behörden keinen Bruch der Mitwirkungspflicht vorwerfen, hat er seine Schwester darum gebeten, sich auf die Suche nach seiner Geburtsurkunde zu machen. Wie lange das dauern wird, ist unter den gegebenen Umständen nicht absehbar.

    Systematische Ausgrenzung

    Solange er nicht abgeschoben werden kann, kann er nichts weiter tun, als Einspruch einzulegen und auf ein Urteil zu warten. „Lamin darf nicht arbeiten, soll mit 356 Euro auskommen und macht den ganzen Tag nichts mehr. Wird gezielt darauf hingearbeitet, dass diese Menschen in die Kriminalität getrieben werden, um sie danach mit einer Berechtigung abzuschieben?“, fragt sich Höschele und findet keine sinnvolle Antwort. Seiner Ansicht würden die Flüchtlinge durch diese Vorgehensweise systematisch ausgegrenzt.

    „Wir brauchen gar nicht mit dem Finger auf andere Länder zu zeigen, um ihre Freiheitsbeschränkungen anzumahnen, wenn wir es hier doch genau so machen“, beklagt der Arbeitgeber. Andreas Höschele wandte sich auch mehrmals an Politiker und den Biberacher Landrat – ohne Erfolg.

    Er beklagt, dass trotz symbolischen und gutmütigen Bekundungen zum „sicheren Hafen“ und zu weltoffenem Landkreis, seine Anfrage von Landrat Heiko Schmid bisher nicht beantwortet worden seien. Eine Antwort vom Landratsamt steht noch aus.

    „Den Worten sollten auch Taten folgen“, so Höschele. Der 22-jährige Lamin Muhammad Bah hat gegen das Abschiebeverfahren Einspruch eingelegt.

    Sein Fall liegt nun beim Verwaltungsgericht in Sigmaringen. Auf einem der Aktenberge, die sich in den vergangenen Jahren gestapelt haben. Wie lange Lamin Muhammad Bah auf sein Urteil warten muss, weiß keiner. Wo er in Zukunft leben wird, ist ebenfalls ungewiss.

    Unterschrift Foto: Lamin Muhammad Bah sollte in die Ausbildung im Grünen Baum aufgenommen werden. Nach der Entscheidung der Behörden kann er nicht mehr arbeiten. Bild: Mesale Tolu, ©Mesale Tolu