Welche Auswirkungen hat die Flüchtlingskrise auf die Stadt Biberach im Wohnungsbau und im Sozialbereich und wie lassen sich diese Herausforderungen schultern? Dazu will die Stadt am 20. Oktober einen runden Tisch einberufen und das Thema am 26. Oktober öffentlich im Gemeinderat diskutieren. Dies kündigte OB Norbert Zeidler am Montag in der Ratssitzung an.
Eigentlich ging es am Montagabend zunächst nur um eine Information über den Baufortschritt an zwei Immobilien des städtischen Eigenbetriebs Wohnungswirtschaft. Eine davon ist das neue Mehrfamilienhaus an der Otto-Schlecht-Straße 2, in dem 15 städtische Sozialwohnungen entstehen. Die Stadt brauche diesen preiswerten Wohnraum, sagte Stadtrat Friedrich Kolesch (CDU). „Das haben wir bereits gesagt, bevor das Thema Flüchtlinge aufkam.“
Er äußerte die Befürchtung, dass die Stadt dem nun entstehenden Bedarf nicht mehr hinterher komme. „Wir bauen an diesen 15 Wohnungen fast drei Jahre und haben reine Baukosten von rund zwei Millionen Euro. Wenn wir das hochrechnen, dann brauchen wir für 150 Wohnungen 20 Millionen, und wir haben nicht mal Grundstücke. Und selbst wenn wir sie hätten, wäre die Bauzeit sehr lange“, so Kolesch. Die Stadt müsse sich rechtzeitig damit auseinandersetzen, was das für sie bedeute.
Das Projekt in der Otto-Schlecht-Straße sei gut, sagte Gabriele Kübler (SPD). „Angesichts der Flüchtlingszahlen müssen wir aber noch viel mehr dieser Projekte bewältigen.“ Sie denke dabei vor allem an die Anschlussunterbringung der Flüchtlinge. Denn nach spätestens zwei Jahren in der Gemeinschaftsunterkunft werden diese vom Kreis auf die Kommunen verteilt, auch wenn das Asylverfahren noch nicht abgeschlossen ist. „Wir werden also keine vier bis fünf Jahre Vorlaufzeit haben“, sagte Kübler. Sie plädiere deshalb für ein ämterübergreifendes Konzept innerhalb der Biberacher Stadtverwaltung.
Die Schaffung von Wohnraum für Flüchtlinge werde die Stadt „richtig viel Energie kosten“, so Josef Weber (Grüne). Überdies dürfe man auch den sozialen Wohnungsbau für andere Zielgruppen nicht aus den Augen verlieren. Er sehe es nicht als gegeben an, dass der städtische Eigenbetrieb all diese Wohnungen bauen müsse, sagte Christoph Funk (FDP). Es sei aber wichtig, dass der Gemeinderat bald erfahre, was die Stadt schultern müsse. „Es geht neben dem Wohnraum auch um die Bildung und die Betreuung der Flüchtlinge.“
Es gebe verschiedene Projekte, die der städtische Eigenbetrieb Wohnungswirtschaft in diesem Bereich angehen könne, sagte Finanzbürgermeister Roland Wersch und sprach von einer Größenordnung von etwa 60 Wohnungen. „Wir wollen aber keine Gettoisierung. Das was in den 80er- und 90er-Jahren gemacht wurde, war nicht zielführend“, so Wersch.
Oberbürgermeister Norbert Zeidler kündigte an, dass er für den 20. Oktober einen runden Tisch einberufe, an dem Vertreter der Stadt, der Caritas, der Diakonie und der ehrenamtlichen Organisationen über das Thema Flüchtlinge in der Stadt beraten sollen. „Wir wollen dabei ein Maßnahmenpaket bündeln.“ Was auf die Stadt zukommen, sei noch nicht vorhersehbar. „Das ist ein Riesenpaket, das wir miteinander schnüren müssen. Ich habe den Ehrgeiz, dass wir das in Biberach gut machen“, so Zeidler.
Der Gemeinderat soll am 26. Oktober ausführlich über das Thema Flüchtlinge diskutieren. Tom Abele (CDU) regte an, dies gleich zu Beginn der Sitzung zu tun und die Bürgerfragestunde anzuhängen, damit sich auch Besucher dazu äußern können. „Es herrscht eine große Unsicherheit in der Bevölkerung und wir müssen nach der Willkommenseuphorie das Tagesgeschäft jetzt richtig machen.“ Dazu gehöre auch gute Information.
Unterschrift Foto: Über die Herausforderungen, die das Thema Flüchtlinge mit sich bringt, will die Stadt Biberach bei einem runden Tisch und im Gemeinderat beraten Bild: Armin Weigel, ©DPA