Biberach sz
Bis zu 400 Plätze sollen in den kommenden Wochen und Monaten bei der Flüchtlingsunterbringung im Landkreis Biberach abgebaut werden. Bereits seit einigen Monaten sind die Gemeinschaftsunterkünfte nicht mehr voll ausgelastet.
„Die Situation hat sich völlig gedreht“, sagt Sozialdezernentin Petra Alger. „Momentan kommen pro Monat vielleicht noch zehn bis 20 Menschen im Kreis an, in Spitzenzeiten waren es 300 bis 400.“ Jetzt müsse die Unterkunftsstrategie den aktuellen Zahlen angepasst werden.
In diesem Zusammenhang wurden bereits Mietverträge gekündigt. Es sollen zudem Gemeinschaftsunterkünfte geschlossen werden. „Es war schwierig, die Plätze zu schaffen. Es ist auch nicht leicht, die Plätze wieder abzubauen. Es müssen Verträge gekündigt, Umzüge organisiert und vor allem die Ehrenamtlichen mitgenommen werden“, sagt Petra Alger. Von diesen Überlegungen und Planungen seien 270 bis 300 Flüchtlinge im Kreis betroffen. „Das heißt natürlich auch, dass einige Flüchtlinge umziehen müssen“, so die Sozialdezernentin. „Das ist eine große Herausforderung und die dürfen wir nicht unterschätzen, denn da geht es um Emotionen und persönliche Beziehungen.“ Denn nicht alle Ehrenamtlichen hätten Verständnis für die Entscheidung.
Auch Hermann Kienle, stellvertretender Sozialdezernent, kennt die Problematik: „Klar, da sind viele Freundschaften entstanden, die wir natürlich nicht auseinanderreißen wollen. Aber die Ehrenamtlichen müssen unsere Situation auch verstehen.“ Denn die vielen Unterkünfte könnten unmöglich finanziert werden, wenn sie halb leerstehen. „Das wäre schlichtweg verantwortungslos.“ Zumal an anderen Stellen wie zum Beispiel in Laupheim und Rottum neue Unterkünfte entstanden seien.
„Klar ist aber auch, dass wir unsere Arbeit ohne die vielen Ehrenamtlichen nicht meistern können“, sagt Alger. „Deshalb hoffen wir, dass die Ehrenamtlichen auch weiterhin mit uns an einem Strang ziehen.“ Dies fordere viele Gespräche auch in Zusammenarbeit mit der ökumenischen Flüchtlingsarbeit.
Zurzeit leben 3500 Flüchtlinge im Landkreis Biberach. Davon sind rund 1800 in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sowie 1000 in der Anschlussunterbringung in den Städten und Gemeinden. 700 von ihnen haben nach ihrer Anerkennung eine Wohnung im Landkreis Biberach gefunden.
Nach den derzeitigen Plänen des Landratsamts soll in Biberach die Hälfte der Plätze abgebaut werden. Von aktuell 900 Plätzen bleiben noch 450 bestehen. Die mobilen Raumsysteme in der Bleicherstraße werden deshalb zum Ende des Jahres aufgegeben. Anschließend sollen sie vorübergehend als Schulräume für die Schönebürger Vinzenz-von-Paul-Schule genutzt werden. Die Schule wird in den kommenden Jahren abgerissen und neu gebaut. Es ist angedacht, die Schule bis Juli 2019 an der Bleicherstraße in Teilen der Container unterzubringen.
Auch die Gemeinschaftsunterkunft in der Haberhäuslestraße in Birkendorf könnte, je nachdem ob die Discopläne der „Heilbar“ umgesetzt werden können, zeitnah aufgegeben werden. Darüber hinaus laufen die Verträge für die Bahnhofstraße mit 170 Plätzen und Waldseer Straße mit 100 Plätzen im Herbst 2017 aus. Die Flüchtlinge sollen einerseits im Oblatenkloster auf dem Mittelberg und auch in weiteren Unterkünften im Landkreis untergebracht werden. Insbesondere soll auch das ehemalige Gasthaus „Kreuz“ in Ringschnait in das künftige Unterbringungskonzept eingebunden werden. Dort könnten bereits ab diesem Jahr nach und nach bis zu 30 Menschen einziehen.
Für den Notfall gewappnet
Doch was passiert, wenn die Flüchtlingszahlen wieder so dramatisch ansteigen? Ist der Landkreis dann trotz Abbau gewappnet? „Das sind wir auf jeden Fall. Für den Notfall haben wir immer noch die Notunterkunft im Gewerbegebiet Obere Stegwiesen“, sagt Petra Alger. „Wir sind handlungsfähig und haben eine flexible Mischung an Unterkünften.“ Aktuell stehen im Kreis 3000 Plätze zur Verfügung. Ende 2017 sollen es dann noch 2000 Plätze sein.
Nachdem mittlerweile die Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge, die Sozialleistungen erhalten, ausgesprochen werden muss, ergeben sich auch Veränderungen bei der Unterbringung in den jeweiligen Städten und Gemeinden. Demnach steht es diesen Flüchtlingen nicht mehr frei, ihren Wohnsitz selbst zu bestimmen. Er wird vom Landratsamt festgelegt und dabei ist darauf zu achten, dass es zu einer gleichmäßigen Verteilung auf die Städte und Gemeinden des Landkreises kommt. Daneben kommen abgelehnte Asylbewerber und Asylbewerber, die länger als 24 Monate in einer Gemeinschaftsunterkunft leben, nach wie vor in die Anschlussunterbringung in die Städte und Gemeinden. Was das im Detail bedeutet, werden die Mitarbeiter des Landratsamts den Bürgermeistern in einer Sitzung am 24. November vorstellen.Seite 23
Unterschrift Foto: Auf einige Flüchtlinge im Landkreis Biberach wartet wohl ein Ortswechsel. Im September haben diese Flüchtlinge den Mitarbeitern des Landratsamts noch beim Umzug des Amts für Flüchtlinge und Integration in die Ehinger Straße geholfen. Bild: LRA, ©Schwäbische Zeitung