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    Bürger gründen Freundeskreis – Kritiker äußern sich weiterhin skeptisch

    Eberhardzell, 27.06.2016 (Katrin Bölstler, ©Schwäbische Zeitung)

    Rottum sz
    45 Flüchtlinge sollen in einer Gemeinschaftsunterkunft in dem 300-Seelen-Dorf Rottum untergebracht werden – diese Nachricht versetzte manchen Bürger vor einem halben Jahr in helle Aufregung. Einige der Rottumer gründeten spontan eine Bürgerinitiative, weil sie mit dieser Entscheidung und der Informationspolitik des Landratsamts Biberach nicht einverstanden waren. Inzwischen hat sich, wie es scheint, die Stimmung etwas beruhigt.

    Die Unterkunft ist fertig, Asylbewerber leben jedoch noch keine im Dorf. Dafür hat sich vergangene Woche nun unter dem Dach der ökumenischen Flüchtlingsarbeit im Landkreis Biberach ein Freundeskreis gegründet, dessen Mitglieder sich um die Neuankömmlinge kümmern wollen.

    Mehr als 25 Personen waren zu dem jüngsten Treffen erschienen, die meisten von ihnen bereit, sich in irgendeiner Weise zu engagieren. „Die Stimmung war super, die Bürger haben eine große Bereitschaft gezeigt, die Flüchtlinge integrieren zu wollen“, berichtet Ursula Schmid-Berghammer, die das Treffen leitete. Im Vergleich zum allerersten Informationsabend habe die Stimmung sich wesentlich entspannt. Damals zeigte sich die Mehrheit der Rottumer sehr kritisch, ob das Zusammenleben verschiedener Kulturen in einem so kleinen Ort gelingen könne. „Jetzt hingegen waren fast nur jene da, die bereit sind, sich einzubringen“, fasst Schmid-Berghammer zusammen. Nach einem kurzen Vortrag, in dem erläutert wurde, wie die Arbeit mit den Asylbewerbern etwa im benachbarten Ochsenhausen funktioniert, ging es um ganz praktische Tipps und Ideen.

    Geplant ist, dass es in der Gemeinschaftsunterkunft zum Beispiel einen Gemeinschaftsraum geben soll. Dieser soll für den Deutschunterricht oder für eine Hausaufgabenbetreuung genutzt werden. Ziel ist auch, so viele Flüchtlinge wie möglich mit Fahrrädern zu versorgen. Da es kaum Busse, keinen Laden und keine Schule in Rottum gibt, sind die Flüchtlinge dringend darauf angewiesen, mobil zu sein.

    Mobil zu sein, ist wichtig

    Auch für Leonhard Heine, Bürgermeister von Steinhausen an der Rottum, ist das ein wichtiges Thema. „Es sind circa fünf Kilometer bis nach Ochsenhausen, eine Strecke, die mit dem Rad zu schaffen ist“, glaubt er. Mithilfe der Ehrenamtlichen könne es hoffentlich gelingen, den Flüchtlingen Fahrräder zur Verfügung zu stellen – und ihnen auch das Radeln beizubringen, falls nötig.

    Weitere Ideen waren, eine Art Begegnungscafé ins Leben zu rufen und ein Team zusammenzustellen, dass die Neuankömmlinge begrüßt. Orientieren können sich die Ehrenamtlichen dabei an dem Helferkreis in Ochsenhausen.

    Wann nun genau die Ersten ankommen werden, bleibt jedoch weiterhin unklar. Vor einem halben Jahr sah die Lage noch ganz anders aus. Jede Woche kamen hundert neue Flüchtlinge im Landkreis Biberach an. Seitdem das Abkommen mit der Türkei gilt, sind es deutlich weniger. „Die politische Lage ist aber so instabil, dass wir keine Aussage darüber treffen können, wie es weitergeht“, sagt Bürgermeister Heine. Gut möglich, dass vielleicht in einem Monat nur ein oder zwei Familien nach Rottum kommen. Doch sicher sei das nicht.

    Ursula Schmid-Berghammer vermutet, dass vor allem der massive Zustrom und die ganzen Horrornachrichten in den Medien die Angst bei den Menschen damals so geschürt haben. „Ich glaube, die Stimmung hat sich gedreht“, sagt sie. Heine ist sich dagegen nicht so sicher. Zwar habe er zu den Initiatoren der Bürgerinitiative seit Längerem keinen Kontakt mehr gehabt. „Doch ob und wie das Zusammenleben funktioniert, werden wir erst wissen, wenn es soweit ist.“

    Gertrud Gerner wohnt in Rottum und hat das Treffen besucht. Sie war positiv überrascht, dass so viele Menschen nun doch bereit sind, die Flüchtlinge willkommen zu heißen. „Sehr viele Bürger haben sich in die ausliegenden Listen eingetragen, auch ich“, erinnert sie sich. Viel Zeit für ein Ehrenamt habe sie selbst zwar nicht. Dennoch könne sie sich vorstellen, Sprachunterricht zu geben oder sich um die Flüchtlingskinder zu kümmern. Ob die Stimmung sich inzwischen im Dorf gedreht habe? Das sei schwer einzuschätzen, sagt sie. „Ich hoffe aber, dass wenn die ersten Flüchtlinge ankommen, auch die Skeptiker merken, dass das auch einfach nur Menschen sind – mit einem teils sehr schweren Schicksal.“ Ein positives Signal hätten bei dem Treffen mehrere Vereine gesetzt: Vertreter etwa des Sportvereins oder des Frauenbunds hätten angeboten, die Neuankömmlinge bei sich zu integrieren. Wie wichtig diese Integration über Vereine sein kann, weiß Zita Steigmiller. Sie wohnt in Englisweiler und kümmert sich dort um eine syrische Familie, die dort seit Kurzem in der Anschlussunterbringung lebt. „Vor allem über den Fußball funktioniert das einfach richtig gut“, weiß sie. Als Mitarbeiterin der Bücherei hat sie nun einen weiteren wichtigen Schritt getan und zweisprachige deutsch-arabische Kinderbücher bestellt.

    Anwohner bleiben kritisch

    Michael Feirle war damals einer der Sprecher und Initiatoren der Bürgerinitiative und wohnt in direkter Nachbarschaft zu der Gemeinschaftsunterkunft. An dem jüngsten Treffen hat er nicht teilgenommen. Sein Standpunkt: „Die Leute, die das Ganze kritisch sehen, haben kapiert, dass ihre Sichtweise niemanden interessiert“, sagt er. Das Landratsamt sei auf ihre Bedenken nicht eingegangen. Die Skepsis sei bei einigen der Anwohnern daher weiterhin da. „Wir glauben nicht, dass das Zusammenleben so vieler Menschen in den Gemeinschaftsunterkünften problemlos verlaufen wird.“

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