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    Rassismus-Demo in Biberach: „Am Ende sind wir sind alle Menschen“

    Gemeinsam gegen Rassismus: Anlässlich des Weltflüchtlingstags haben sich am Samstag rund 200 Menschen auf dem Gigelberg in Biberach versammelt und für mehr Toleranz und die Achtung der Menschenrechte demonstriert. Auslöser war auch der Tod des Afroamerikaner George Floyd, der am 25. Mai in den USA durch Polizeigewalt ums Leben kam. Seit Wochen protestieren deshalb Millionen Menschen weltweit gegen Rassismus.
    „Mit unserem Protest wollen wir dazu beitragen, dass Rassismus nicht mehr schweigend hingenommen wird, wir wollen damit die Bewegung Black Lives Matter, schwarzes Leben zählt, unterstützen“, sagt Dagmar Rüdenburg, Vorsitzende des Interkulturellen Forums für Flüchtlingsarbeit (IFF). „Aber wir sehen es auch als unsere Aufgabe, den Rassismus in unserem Land und in unserer Stadt zu bekämpfen.“ Denn dieser sei keineswegs nur ein Problem, das in den USA existiert.



    Selbst hergestellte Plakate

    Unterstützung bekam Dagmar Rüdenburg von Vertretern der ökumenischen Flüchtlingsarbeit im Landkreis Biberach, Fridays for Future, den Grünen, dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), dem Friedensbündnis und Global aus Bad Waldsee. Einige Demonstranten hatte Plakate gebastelt und so ihre Haltung zum Ausdruck gebracht.
    Michelle Röhl war es ein Herzensanliegen, zur Kundgebung auf den Gigelberg zu kommen: „Mir ist es wichtig, in so einer kleinen Stadt Gesicht zu zeigen“, sagt die 21-Jährige. „Auch ich merke, dass es in Biberach Rassismus und Ausgrenzung gibt und dagegen muss etwas getan werden.“ Das sieht auch Silas Mieger so: „Als Weißer hat man hier das Gefühl in einer heilen Welt zu leben, es ist wichtig, auch auf die andere Seite aufmerksam zu machen.“



    Hoffen auf Ende von Rassismus


    Viele Geflüchtete haben das im Kreis Biberach erlebt: Es gibt Probleme in Bars und Clubs zu kommen, Probleme bei der Job- und Wohnungssuche und Anfeindungen aufgrund der Hautfarbe. Gana Diop kommt aus dem Senegal und lebt seit ein paar Jahren in Biberach, er kennt solche Situationen nur zu gut: „Aber diese Probleme gibt es überall auf der Welt, egal ob wir schwarz, grün, blau oder weiß sind“, sagt der 20-Jährige. „Am Ende sind wir aber alle einfach Menschen, egal welche Hautfarbe wir haben. Es gibt eben gute und schlechte Menschen.“ Er hofft, dass es irgendwann keinen Rassismus mehr gibt, denn „die guten sind immer mehr als die bösen“.

    Doch bevor dieser Traum in Erfüllung geht, muss sich überall etwas tun. Dagmar Rüdenburg fordert beispielsweise eine unabhängige Beschwerdestelle, „an die sich Betroffene vertrauensvoll wenden können“. Geht es um Geflüchtete, fordert Elisa Sachs von der ökumenischen Flüchtlingsarbeit ebenfalls Taten. Die EU müsse weitere Flüchtlinge aufnehmen und nicht ihre Grenzen abschotten: „Nur ein europäisches Seenotrettungsprogramm und legale Fluchtwege können das Sterben an Europas Grenzen beenden.“ Aktuell befinden sich rund 80 Millionen Menschen auf der Flucht.



    „Es gibt in Augen des Gesetzes keine Rasse, nur Menschen“

    Zu einer notwendigen Gesamtstrategie gehöre laut Bela Mutscher vom Grünen-Kreisverband Biberach aber auch, „das falsche Wort Rasse bei den Diskriminierungsverboten in Artikel drei, Absatz drei des Grundgesetzes zu ersetzen“: „Es gibt in den Augen des Gesetzes keine Rasse, nur Menschen.“
    Am Ende könne jeder selbst einen Beitrag gegen Rassismus leisten: „Wir alle haben die Macht durch eine aufmerksame Wahrnehmung im Alltag beispielsweise durch einen bewussten Umgang mit unsere eigenen Sprache etwas zum Positiven zu verändern“, sagt Julia Blessing von der ökumenischen Flüchtlingsarbeit.



    Rüdenburg freut sich über Teilnehmerzahl

    Dagmar Rüdenburg freut sich, dass so viele Menschen am Samstag ein gemeinsames Zeichen gesetzt haben: „Es gibt kein Pro oder Contra bei Rassismus. Rassismus ist ein Verbrechen, das zum Tod führt. Gerade wir Deutschen wissen das. Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass das Weghören und Wegschauen aufhört.“


    Foto und Text: Tanja Bosch, Schwäbische Zeitung

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