Kehrtwende beim „Schwanen“ in Riedlingen: Eigentlich war angedacht den sanierten Altbau als Flüchtlings- und Obdachlosenunterkunft zu nutzen. Doch nun sollen die ehemaligen „Sozialwohnungen“ auf dem freien Markt für 9,50 Euro pro Quadratmeter vermietet werden. Die Stadt will dagegen die bisherige Gemeinschaftsunterkunft in der Hindenburgstraße 62 ab 1. Januar als Flüchtlings- und Obdachlosenunterkunft nutzen. Dem hat der Gemeinderat bei einer Enthaltung zugestimmt.
Fünf Wohnungen stehen im Altbau des Schwanen zur Verfügung, vier davon sind im Mai fertiggestellt worden, eine wird bald übergeben. Die Räumlichkeiten eignen sich vornehmlich für große Familien, Wohngemeinschaften oder auch für Leute, die viel Platz wollen. Denn die Wohnungen sind ordentlich groß: Die Kleinste verfügt über 77 Quadratmeter. Die weiteren Wohnungen haben 96 Quadratmeter, dann 97, 108 und 134 Quadratmeter mit zumeist vier Zimmern. Die Wohnungen sind vom Schnitt her teilweise etwas verwinkelt.
Doch das Ganze hat seinen Preis: Der Gemeinderat hat den Mietpreis auf 9,50 Euro pro Quadratmeter festgelegt. Zwar war zunächst auch eine flexiblere Lösung mit einem niedrigeren Preis von der Verwaltung vorgeschlagen, sollten die Wohnungen nicht vermietet werden können. Doch davon hat der Rat wieder Abstand genommen.
Auch der Altbau ist damit für den freien Wohnungsmarkt und nicht für den Sozialwohnungsbau vorgesehen, wie es zunächst geheißen hatte. Der Mietpreis von 9,50 Euro sei „als Sozialwohnung nicht zu realisieren, so dass das Objekt besser als Mietwohnung auf dem freien Wohnungsmarkt geeignet ist“, heißt es dementsprechend von der Verwaltung. Weil auch der Altbau komplett saniert und energetisch auf Vordermann gebracht worden ist – so dass die Mietnebenkosten geringer sind – geht die Stadt von einer Vermietbarkeit aus. „Der Preis ist marktgängig“, so Bürgermeister Marcus Schafft.
Diese Einschätzung beruht auch auf edr Erfahrung beim Schwanen-Neubau. Die Wohnungen in dem neuen Wohnhaus, das an der Stelle der Scheune hochgezogen wurde, sind alle vermietet. Dies berichtete der Leiter des städtischen Liegenschaftsamts, Marc Bode, am Montagabend im Gemeinderat. Im Neubau liegt der Quadratmeterpreis bei 10,50 Euro.
In der Bevölkerung hatte es immer wieder Kritik an der Höhe dieses Mietpreises gegeben, den die Stadt den Investoren garantiert hat. Auch in Leserbriefen war dieser „Sozialwohnungsbau“ kritisiert worden. Die Stadt hat die Wohnungen auf zwölf Jahre angemietet, ursprünglich mit dem Gedanken, dort Wohnungen nach sozialen Gesichtspunkten zu vergeben. Das hat sich angesichts der Mietkosten erledigt. Ursprünglich gingen die Investoren von deutlich niedrigeren Kosten aus, weil man Zuschüsse erwartet hat. Doch die hat die Stadt nicht erhalten, weil das Projekt „rentierlich sei“, wie Schafft damals sagte.
Bislang sind noch keine von Obdachlosigkeit bedrohten Personen oder Familien, noch Flüchtlinge in diese Wohnungen im Altbau eingewiesen worden. Sie stehen seit Mai leer. Dennoch muss die Stadt die Miete bezahlen. Bei 9,50 Euro pro Quadratmeter sind dies bei 915 Quadratmetern, die seit Mai zur Verfügung stehen, monatlich rund 4000 Euro – also bis Jahresende rund 32 000 Euro.
Der Gemeinderat hat den Schwenk mitgetragen und sich auch für die Unterbringung von Obdachlosen sowie von Flüchtlingen in der Anschlussunterbringung in der Hindenburgstraße ausgesprochen. Das Gebäude sei in einem deutlich besseren Zustand, als die Wohnungen für Obdachlose in der Zwiefalterstraße. Damit wären keine weiteren finanziellen Aufwendungen für die Stadt nötig.
Konfliktträchtige Nutzung?
Bislang wurde das Gebäude vom Landkreis als Gemeinschaftsunterkunft genutzt. Für die nun geplante Nutzung sei das Gebäude ideal, so die Verwaltung: durch die räumliche Aufteilung mit zwei getrennten Bädern pro Wohnung sowie dem außen vorhandenen Treppengerüst als weiterer Fluchtweg. Zudem hat derKreis signalisiert, dass die Stadt die noch im Gebäude befindlichen Spinde, Betten, Möbel und Elektrogeräte übernehmen könnte. Das Ordnungsamt werde einen Belegungsplan erstellen und möglichst bereits am 1. Januar erste Einweisungen vornehmen.
Im Rat wurde diskutiert, ob die künftige Belegung nicht zu Konflikten führen könnte. Stadtrat Hartmut Pernice sah ein miteinander von Flüchtlingsfamilien und Obdachlosen als schwierig an. Auch der neue Stadtrat Ingo Remensperger befürchtet, dass man am Bahnhof möglicherweise einen weiteren Brennpunkt schafft. Aber Schafft widersprach: Obdachlosigkeit habe verschiedene Facetten. Es sei nicht nur der ältere Alkoholiker, den viele damit assoziieren. Auch ältere Frauen oder Alleinerziehende mit Kindern könnten obdachlos werden. Wichtig sei, wer in die Hindenburgstraße eingewiesen werde. Und das seien nicht die Obdachlosen, der Zwiefalter Straße.
Unterschrift Foto: Außen noch mit Gerüst, innen saniert und zu vermieten: der sanierte Altbau des Schwanen. Bild: Bruno Jungwirth, ©Schwäbische Zeitung