Oggelsbeuren mad
Noch bis Ende 2017 werden Flüchtlinge in der vorläufigen Unterbringung in Oggelsbeuren betreut, dann ist die Arbeit der Stiftung Heimat geben „in der jetzigen Form“ beendet. Das sagt der Stiftungsvorstand Pater Alfred Tönnis und fügt hinzu, dass die Verantwortlichen schon nach etwas Neuem sinnen. Ihnen schwebt ein Traumatherapiezentrum für Flüchtlinge vor. Dafür müssten aber Kooperationspartner gewonnen werden.
Seit Mai 2014 leben Flüchtlinge auf dem Areal des ehemaligen Klosters in Oggelsbeuren. Es sind Asylbewerber, die der Landkreis Biberach bis zum Abschluss ihres Verfahrens vorläufig unterbringen und versorgen muss. Das tut er in der Regel in eigenen Gemeinschaftsunterkünften. Derzeit 80 Neuankömmlinge aus seinem Aufnahmekontingent lässt er aber in Oggelsbeuren von der Stiftung mit ihren 40 Ehrenamtlichen betreuen. Als weiterer Partner bei dieser etwas anderen Form der Gemeinschaftsunterkunft (GU) ist die Diözese Rottenburg-Stuttgart im Boot.
Die entsprechende Vereinbarung war auf drei Jahre befristet und wäre dementsprechend im Mai 2017 ausgelaufen. Kreis und Diözese teilen sich die Finanzierung und nach Angaben von Tönnis reichen die für die drei Jahre zugesagten Gelder noch bis Ende nächsten Jahres, „wir haben gut gewirtschaftet“. Jedenfalls verständigten sich die drei Partner, das Projekt bis Ende 2017 weiterzuführen mit einer maximalen Belegung von 120 Flüchtlingen.
So es überhaupt jemals Überlegungen gegeben haben sollte, das Projekt darüber hinaus zu verlängern, sind diese spätestens seit dem Rückgang der Flüchtlingszahlen hinfällig. Der Sprecher des Landratsamts Biberach, Bernd Schwarzendorfer, sagt: „Dieses Modell funktioniert nur, wenn alle drei mitmachen.“ Die Befristung sei ein einvernehmlicher Wunsch gewesen und aus Sicht des Kreises sei in der aktuellen Lage auch klar: „Wir brauchen die Plätze nicht mehr.“ Der Kreis baut an vielen Orten GU-Kapazitäten ab. Tönnis findet es „vollkommen verständlich“, dass Oggelsbeuren von 2018 an nicht mehr für die vorläufige Unterbringung genutzt werden soll. „Wenn die Zahlen so bleiben, gibt es gar keine Möglichkeit, diese GU aufrechtzuerhalten.“
Das Wirken der Stiftung soll damit indes nicht enden. Sie war ja auch angetreten, um die Gebäude in Oggelsbeuren sinnvoll zu nutzen. Vor allem aber sieht Tönnis weiter die Notwendigkeit, Flüchtlingen eine Heimat zu geben – schließlich sind viele hier, auch wenn inzwischen weniger neu ins Land ankommen. „Wir haben bei unserer Arbeit sehr stark erlebt, dass traumatisierte Flüchtlinge – Kinder und Erwachsene – Hilfe brauchen“, sagt er. Was manche zum Beispiel im Bürgerkrieg erlebt haben, hinterlässt Spuren. Schon bisher kommt eine Traumatherapeutin aus Ulm für sechs Stunden in der Woche nach Oggelsbeuren und ein pensionierter Kinder- und Jugendpsychiater hilft ehrenamtlich.
Hier gibt es also erste Ansatzpunkte für denkbare Angebote, die Tönnis gerade vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse in Berlin für notwendiger denn je hält. Gesetzesbrecher gehören in seinen Augen bestraft, aber die „vielen guten Leute“ verdienten Hilfe und Unterstützung für Traumatisierte sei auch ein Stück Vorbeugung: Er glaube nicht, dass sich in einer überschaubaren Einrichtung wie Oggelsbeuren, wo Helfer mit den Flüchtlingen in einem Gebäudekomplex leben, jemand unbemerkt radikalisieren könne.
Die Überlegungen für ein denkbares Traumatherapiezentrum stehen noch am Anfang. „Die Stiftung braucht zumindest einen, besser mehrere Kooperationspartner, die diese Therapieformen anbieten“, sagt Tönnis – und mit den Krankenkassen abrechnen können. Eine Steuerungsgruppe führt Gespräche und arbeitet an einem Konzept. „Ich denke, es wäre gut, wenn eine neues Projekt eine Konzeption hätte, die etwas unabhäniger von meiner Person ist“, sagt Tönnis und fügt hinzu: „Ich hoffe, dass wir bis zum Dreijährigen im Mai mehr Klarheit haben.“
Unterschrift Foto: Im Gebäudekomplex des ehemaligen Klosters Oggelsbeuren sind seit Mai 2014 Flüchtlinge untergebracht, die von der Stiftung Heimat geben betreut werden. Ende 2017 läuft dieses Modell aus. Die Stiftung sucht nach einem neuen Betätigungsfeld. Bild: Markus Dreher, ©Schwäbische Zeitung