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    Aktion Hoffnung in Laupheim ist für den Transport von Baugerät und medizinischer Ausrüstung in den Nordirak bereit

    Laupheim, 18.11.2016 (Roland Ray, ©Schwäbische Zeitung)

    Laupheim sz
    Zwei Sattelzüge mit Winterkleidung hat die katholische Hilfsorganisation Aktion Hoffnung 2014 und 2015 von Laupheim aus in den Nordirak geschickt – genug, um 40 000 Menschen in den Flüchtlingslagern gegen grimmige Kälte zu wappnen. Aktuell rechnet Roman Engelhart, Betriebsleiter der Sammelzentrale, eher damit, dass Werkzeug und Maschinen für den Wiederaufbau in den vom IS zerstörten Gebieten benötigt werden, und medizinisches Gerät. Auch mit solchen Transporten haben er und sein Team Erfahrung.
    Wettlauf gegen den Winter

    15. Dezember 2014: Ein Lkw verlässt den Hof der Sammelzentrale der Aktion Hoffnung in Laupheim, beladen mit 23 Tonnen wärmender Kleidung, Decken und Schuhen. Adressat ist die chaldäisch-katholische Kirche im Nordirak. Sie verteilt die Lieferung an die Flüchtlingscamps in der Region Dohuk. Zehntausende Menschen, vor den Terrorbanden des Islamischen Staats geflohen, harren dort in Notunterkünften aus.

    „Eine Kleiderlieferung in den Irak, das war damals Neuland für uns“, sagt Roman Engelhart. „Aber selbstverständlich wollten wir helfen.“ Die Aktion Hoffnung, die jedes Jahr hunderte Tonnen gebrauchte Textilien vor allem nach Südamerika und Afrika verschickt und in den Empfängerländern Entwicklungsprojekte unterstützt, ist prädestiniert für solche Aufgaben. Auch dieses Mal braucht es unzählige Telefonate und E-Mails mit staatlichen und kirchlichen Stellen, Zollpapiere, Zertifikate, beglaubigte Übersetzungen. Auf die Schnelle 23 Tonnen Winterkleidung aufzutreiben, erweist sich als das geringste Problem: Eine wahre Spendenflut zwischen Ostalb und Bodensee füllt das Lager. Der Hilfstransport erreicht nach diversen Schwierigkeiten und Verzögerungen sein Ziel, ebenso ein zweiter Sattelzug im Dezember 2015.

    Dieses Jahr war die Aktion Hoffnung wieder in Habachtstellung. „Wir haben uns regelmäßig über die Entwicklung im Nordirak erkundigt und immer 50 Tonnen Winterkleidung vorgehalten“, berichtet Engelhart. Das Land Baden-Württemberg hat ein Hilfsabkommen mit der Region Dohuk geschlossen, die Diözese Rottenburg-Stuttgart ist mit einem Hausbau-Programm und der Zusage, weiter Kleidung bereitzustellen, mit im Boot.

    Neue Erfordernisse

    Textile Hilfslieferungen wurden jedoch seither nicht mehr in Laupheim abgerufen. Das habe Gründe, sagt Engelhart. Der Flüchtlingsstrom hat nachgelassen, die Menschen in den Camps sind erstausgestattet. Und weil der IS zurückgedrängt wurde, sind Importrouten aus der Türkei und dem Iran wieder frei. All dies habe dazu geführt, dass vor Ort mehr Kleidung zu wesentlich günstigeren Preisen verfügbar sei als vor einem Jahr. Das bestätigten auch die kirchlichen Partner in der Region.

    „Kleidung“, sagt Engelhart, „ist derzeit nicht mehr das Problem.“ Dafür zeichneten sich andere Erfordernisse ab. In den vom IS verwüsteten Landstrichen, in welche die ersten Flüchtlinge zurückkehren, müssen Häuser und die gesamte Infrastruktur wiederaufgebaut werden, einschließlich der medizinischen Versorgung. Dazu braucht es Baugerätschaften, Pumpen, Stromaggregate, Ausstattung für Krankenhäuser. „Wir haben der Diözese angeboten, künftig auch solche Transporte zu organisieren und abzuwickeln“, sagt Engelhart. „Wir verschicken längst nicht nur Kleidung.“

    An Expertise ist kein Mangel. Ob Mäntel, Hemden oder Betonmischer, die Hilfsgüter müssen eingesammelt und verpackt, die Frachtpapiere ausgefüllt, die Transportwege erkundet und zum Teil zähe Verhandlungen mit Behörden geführt werden. Die Sammelzentrale hat in der Vergangenheit schon 60 Krankenhausbetten nach Burundi manövriert und ein chilenisches Schulzentrum mit Holzbearbeitungsmaschinen versorgt – unter anderem. Noch vor Weihnachten soll ein Container nach Namibia geschickt werden, zur Hälfte gefüllt mit Second-Hand-Sommerkleidung, zur Hälfte mit Schulmöbeln und Laptops, gebrauchten Rollatoren und Rollstühlen, und einem Sonographen für eine Krankenstation. Die Aktion Hoffnung verfügt auch über ein weit verzweigtes Netzwerk, wenn es um Sachspenden geht.

    Roman Engelhart unterscheidet zwischen langfristigen Fluchtursachen wie Klimawandel und Bevölkerungswachstum und kurzfristigen wie Naturkatastrophen, Hunger und Krieg. Im zweiten Fall müssten alle Anstrengungen darauf gerichtet sein, geflohenen Menschen einen geschützten Raum und Perspektiven nahe ihrer Heimat zu bieten, damit sie bleiben und die Hoffnung nicht verlieren. Bei dieser Aufgabe habe die Weltgemeinschaft zum Beispiel in Syrien versagt. „Die Menschen, die bleiben, bauen später das Land wieder auf“, sagt Engelhart. „Wir müssen sie unterstützen, kurzfristig mit Nothilfe, mittelfristig mit Einkommen schaffenden Projekten vor Ort.“ Auch da sei die Aktion Hoffnung am Ball.

    Unterschrift Foto: Dezember 2014: In der Sammelzentrale werden Kleiderballen für den Transport in den Nordirak verladen. Bild: Roland Ray, ©Schwäbische Zeitung