Große Aufmerksamkeit wurde der Ausstellung von Marianne Quénéhervé im Ertinger Rathaus nochmals bei der Finissage am Dienstagabend zuteil. Die Bilder, nach Fotografien aus Krieg und Flucht gemalt und mit dem Titel versehen „Kinder zwischen allen Stühlen“ hatten auch Bürgermeister Jürgen Köhler sehr beeindruckt. Immer wieder habe er in den vergangenen Wochen an den verschiedenen Bildern innehalten und der unglaublichen Realität in der heutigen Zeit ins Auge sehen müssen. Die Künstlerin habe erneut hohen Kunstverstand sowie Gespür für die Themen und Fragen bewiesen, welche die Menschen bewegen.
Seinem Dank an Marianne Quénéhervé fügte er jenen an den Helferkreis Asyl an für sein Engagement. Flüchtlinge aufnehmen und eine Bleibe zu geben, sei ein kleiner Teil, führte der Bürgermeister aus, ihre Integration sei ein viel aufwendigerer Part. „Hier leistet der Helferkreis eine unersetzliche, wichtige Arbeit“.
Diese Aussage vertiefte Helene Kopf, in der Ökumenischen Flüchtlingsarbeit von Caritas und Diakonie tätig und hier in der Betreuung eben jener Helferkreise. An der Spitze stehen in Ertingen Martin Koch, der auch die Sitzungen leite, und Virginia Wehowski, die Begegnungsmöglichkeiten zu Flüchtlingen suche und Veranstaltungen organisiere. Sie war bei der Finissage anwesend, wie Melanie Schmid vom Ertinger Bürgerbüro. Schmid nannte Kopf dank ihrer Zuverlässigkeit und Verbindlichkeit einen „Glücksfall“. Sie habe ein offenes Ohr für die Belange der Geflüchteten, leiste tatkräftige Unterstützung des Helferkreises und kooperiere eng mit der Integrationsmanagerin des Landratsamtes, Elke Karpinski. Deren Arbeit umfasse die persönliche Beratung und individuelle Hilfestellung für Geflüchtete. Als „keineswegs selbstverständlich“ bezeichnete sie das Interesse von Bürgermeister Köhler an der Arbeit der Ehrenamtlichen. Sie drücke sich zum Beispiel in der Teilnahme an Helferkreis-Sitzungen und Veranstaltungen aus.
Nicht zuletzt warb sie darum, sich dem Helferkreis anzuschließen und nannte dazu den von Virginia Wehowski kreierten Slogan: andere Kulturen kennen lernen, neue Bekanntschaften machen, zusammen Integration anpacken. Sie lud zu Gesamttreffen, Spiele-Abenden und explizit auf 16. November zum syrischen Koch-Event ein. Genaueres gibt es auf der Homepage unter www.asyl-bc.de.
Die Künstlerin selber, die seit dem Frühjahr im Helferkreis tätig ist, erlebe sie „beeindruckend zupackend und energiegeladen“, so Kopf. Zeugnis legten davon die Vielzahl an Ausstellungen ab. Besonders fasziniert sei sie von Menschen und Räumen. Ihre Malerei bezeichne sie als expressiv. Sie brauche Raum und Widerstand des Materials, skizziere grob vor, male großzügig, so dass ein Bild durchaus in zwei Stunden fertig sein könne. Dennoch sei der Prozess des Malens für sie eine psychische und physische Herausforderung. Schon früh habe sie alles bemalt und in der Malerei verarbeitet, was sie als Kind einer Flüchtlingsfamilie belastet habe. Sie selber sehe sich als Teil einer „verlorenen Generation“, erst ihre Kinder – sie hat zwei Töchter und einen Sohn – hätten sich hier verwurzeln können. So sei sie aus ihren eigenen Erfahrungen und ihrer Familiengeschichte heraus besonders sensibel für den Umgang mit Menschen, die vor Krieg und Gewalt zu uns flüchten würden. Ihr Appell an die Menschlichkeit sei: Jeder hat es verdient, ein Leben in Würde und Freiheit zu führen“.
Was sie dargestellt habe, sei nicht vor 70 Jahren geschehen, mahnte Marianne Quénéhervé, sondern passiere heute. In ihren Dank durfte sie auch ihre Tochter Chantal Maichel einbeziehen, die mit berührenden Melodien auf der Querflöte zur besonderen Atmosphäre der Finissage beitrug.
Unterschrift Foto: Melanie Schmid vom Bürgerbüro und Bürgermeister Jürgen Köhler neben der Künstlerin Marianne Quénéhervé, ihren Enkeln, ihrer musizierenden Tochter Chantal Maichel und Helene Kopf, die über die und den Ertinger Helferkreis Asyl sprach (von links). Bild: Waltraud Wolf, ©Schwäbische Zeitung