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    Genfer Flüchtlingskonvention wirkt bis in den Landkreis Biberach hinein

    Biberach, 27.07.2021 (Andreas Gratz, ©Andreas Gratz)

    Das „Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“, wie der eigentliche Titel der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) lautet, wurde vor 70 Jahren, am 28. Juli 1951 verabschiedet. Insgesamt 149 Staaten sind ihr bisher beigetreten. Die Konvention ist das wichtigste internationale Dokument für den Flüchtlingsschutz, sie legt klar fest, wer ein Flüchtling ist, welchen rechtlichen Schutz, welche Hilfe und welche sozialen Rechte sie oder er von den Unterzeichnerstaaten erhalten soll.
    82,4 Millionen Menschen waren Ende 2020 wegen Konflikten, Verfolgung und Menschenrechts-verletzungen weltweit auf der Flucht. Neuartige Fluchtursachen ausgelöst durch Klimawandel und Umweltkatastrophen lassen eine düstere Perspektive erahnen.
    „Hinter jeder dieser Zahlen steht ein Mensch, der aus seiner Heimat vertrieben wurde, und ein Schicksal von Flucht, Entwurzelung und Leid“ sagt UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi. Für diese Menschen setzen sich seit vielen Jahren auch ehrenamtlich engagierte Bürgerinnen und Bürger in unserem Landkreis ein. Begleitet und Koordiniert durch die Ökumenische Migrationsarbeit von Caritas und Diakonie (ÖMA) leisten sie an zahlreichen Orten auf vielfältigste Art und Weise Hilfe bei der Beheimatung und Integration.
    Anlässlich des 70. Jahrestages der Verabschiedung der Genfer Flüchtlingskonvention sollen hier einige von ihnen mit ihren ganz persönlichen Beweggründen für ihr Engagement zu Wort kommen:

    "Ich bringe mich in den Helferkreis für Geflüchtete ein, weil die Menschen die Hilfe brauchen und ich auch von ihnen etwas lernen kann. Jede/r kann durch bestimmte Umstände flüchten müssen." Astrid Gruber-Wolff, Laupheim.

    „Als Heimatvertriebene aus dem ehemaligen Jugoslawien wurde uns aus der dörflichen Gemeinde viel Misstrauen, doch später auch viel Hilfe zuteil. Diesen entscheidenden Punkt zu überwinden, braucht es Offenheit und Ehrlichkeit von beiden Seiten. Dann ist Integration gar nicht so schwer. Verteilt die Last auf viele Schultern, dann geht alles leicht!“ Dieter Schmoll, Berkheim.

    „Niemand kann immer ein Held sein, aber er kann immer ein Mensch sein. Dieser jüdischen Lebensweisheit fühlen wir uns verpflichtet. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, Fremden, Geflüchteten und Vertriebenen mit Offenheit und Freundlichkeit entgegenzukommen. Ende der
    1980er Jahre kamen Schwarzafrikaner nach Maselheim. Kleine menschliche Gesten halfen diesen Menschen, sich in der Fremde nicht nur fremd zu fühlen. Ebenso war es mit den vielen Geflüchteten, die 2015 zu uns kamen. Wenn heute viele dieser Menschen sagen: Ich möchte in Maselheim bleiben, das ist mein neues Zuhause, dann haben wir viel geschafft. Wenn das Neugeborene eines Syrers aus Dankbarkeit und Zuneigung den Namen der Vermieterin bekommt, kann Integration weit mehr als gelungen bezeichnet werden. 2014 wurde die Seenotrettung Mare Nostrum eingestellt. Stattdessen wird mit deutschen und europäischen Geldern über Frontex das libysche Unrechtssystem unterstützt. Gerade als Deutsche fühlen wir uns besonders in der Pflicht, uns für die Rettung Geflüchteter einzusetzen.“ Cornelia Furtwängler, Wolfgang Dürrenberg, Heidi Pröll, Maselheim.

    „Die Rückschau auf die schreckliche Zeit der NS-Diktatur in Deutschland motiviert mich, mich für Flüchtlinge und ein humanes Flüchtlings- und Asylrecht einzusetzen. Menschen, die ihre Heimat verlassen, weil sie Angst um ihr Leben und ihre körperliche und geistige Unversehrtheit haben, müssen Schutz und Hilfe erhalten.“ Dr. Margit Bauer, Biberach.

    „Nachdem die Flüchtlingszahlen weltweit erneut einen Höchststand erreicht haben, ist die Genfer Konvention so aktuell wie nie. Süddeutschland ist eine leistungsstarke Region. Flüchtlinge können hier auch deshalb gut in den Arbeitsmarkt integriert werden, was immer auch ein wichtiger Schritt zur Integration in die Gesellschaft ist. Einem hoffnungslosen Menschen nach der Hilfe durch den "Bürokratiedschungel" oder durch die Beschaffung eines geeigneten Arbeitsplatzes ein Lächeln zu entlocken, ist für mich Lohn und Antrieb genug um weiter zu helfen.“ Christine Sonntag, Eberhardzell

    Auch 70 Jahre nach ihrer Verabschiedung ist die Genfer Flüchtlingskonvention so relevant wie selten zuvor für den globalen Flüchtlingsschutz. Den Geist der Konvention tatkräftig auch in Zukunft umzusetzen ist der Antrieb für alle Engagierten der Ökumenischen Migrationsarbeit im Landkreis Biberach.

    Unterschrift Foto: Margit Bauer mit dem afghanischen Flüchtling Khosrow Auriakhail bei einem gemeinsamen Ausflug auf die Insel Mainau. Bild: Andreas Gratz, ©Andreas Gratz