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    Gedenken an die Menschen, die auf der Flucht gestorben sind – Feierstunde ist am Freitag

    Biberach, 22.09.2017 (Tanja Bosch, ©Schwäbische Zeitung)

    Biberach / sz Am Tag des Flüchtlings lädt die ökumenische Flüchtlingsarbeit von Caritas und Diakonie zu einer Feierstunde bei der Gedenkstätte neben den alten evangelischen Friedhof in der Memminger Straße ein. Die Feierstunde beginnt am Freitag, 29, September, um 17 Uhr. Es soll ein Moment der Stille und des Gedenkens sein, für all die vielen Menschen, die auf der Flucht ihr Leben verloren haben.

    Unter den Eindrücken der Bootskatastrophen auf dem Mittelmeer entstand vor einem Jahr ein Flüchtlingsboot als interreligiöser Ort des Gedenkens. Die beiden Künstler, Melina Braß und Joshua Glaser, werden am Freitag ebenfalls vor Ort sein. Es gibt außerdem Musik und Texte, die zum Thema passen. Der neue Pfarrer Andreas Kernen wird die Feier als evangelischer Asyl- und Flüchtlingspfarrer begleiten. Es gibt Inhalte aus den unterschiedlichen Religionen.

    „Wir wollen hier etwas Ruhiges veranstalten in diesen lauten Tagen“, sagt Lucia Braß, Leiterin des Migrationsdienstes bei der Caritas Biberach-Saulgau. „Es ist schließlich ein Ort der Trauer.“ Sie hat viel Kontakt mit Geflüchteten, die nicht mit ihrem Schicksal fertig werden und ihre Familie verloren haben. „Es gibt einen Afghanen, der mitansehen musste, wie seine kleine Schwester im Meer ertrinkt, es gibt wirklich grausame Geschichten“, sagt Lucia Braß. „Und es hört nicht auf, die Zahl der Toten steigt täglich und leider auch die Ignoranz vieler Menschen.“

    Laut der internationale Organisation für Migration (IOM) sind in der ersten Jahreshälfte bereits mehr als 2000 Menschen im Mittelmeer ums Leben gekommen. „Auch wenn die Grenzen geschlossen werden und der Weg gefährlich ist, die Flüchtlinge kommen trotzdem und suchen Hilfe und Sicherheit“, sagt Braß. „Die Politik schafft immer noch mehr Fluchtursachen und die Menschen werden weiter im Meer ertrinken.“ Ganz aktuell gebe es einen Syrer im Kreis Biberach, der seine Familie holen wollte: „Seine Frau und die Kinder haben es nicht übers Mittelmeer geschafft“, erzählt Braß. „Es geht ihm sehr schlecht und man kann nichts tun, außer zuhören.“ Deshalb sei es wichtig, noch mehr Traumatherapiezentren einzurichten: „Es gibt so viele Flüchtlinge, die höchst traumatisiert sind und die Wartezeit für einen Therapieplatz beträgt zehn, elf Monate.“

    Auch die Ehrenamtlichen im Kreis leiden mit den Flüchtlingen und ihren persönlichen Geschichten. „Hierher können sie kommen und auch manches dalassen“, sagt Lucia Braß. „Dieser Ort ist für viele sehr wichtig geworden.“ Sie pflegt die Gedenkstätte und sieht regelmäßig nach dem Rechten. „Am Anfang hatten wir Angst, dass sie vielleicht zerstört wird, aber es ist zum Glück nichts vorgefallen.“ Ganz im Gegenteil: Während des Schützenfests hat jemand einen Rosenstrauch gepflanzt. „Das finde ich sehr schön und auch der Gärtner mäht immer drumherum.“ Es würden auch immer wieder Schnittblumen daliegen und auch Kerzen.

    „Die Gedenkstätte wird wirklich gut angenommen“, sagt Lucia Braß. „Ich treffe hier öfters Menschen auf dem Friedhof, die das schön und wichtig finden.“ Vor allem die ältere Generation: „Sie werden dann an ihre eigene Flucht vor Jahrzehnten erinnert.“ Die Geschichten würden sich kaum von den heutigen unterscheiden: „Auch damals flohen die Menschen mit Booten und Schiffen. Die Fotos sind die gleichen, früher waren sie eben schwarz-weiß, heute sind sie bunt.“

    Unterschrift Foto: Das Symbol der Gedenkstätte ist ein Flüchtlingsboot, das an die vielen Menschen erinnern soll, die im Mittelmeer gestorben sind und wohl auch weiter sterben werden. Lucia Braß vom Migrationsdienst der Caritas pflegt die Gedenkstätte. Bild: Tanja Bosch, ©Schwäbische Zeitung