Eine Mannschaft, bestehend aus Asylbewerbern, hauptsächlich aus Nigeria und Gambia, allesamt untergebracht im Haus am Weiher in Altshausen, spielt am heutigen Mittwoch, 19 Uhr, in Hoßkirch, gegen den SV Hoßkirch. Die Mannschaft der Asylbewerber tritt dabei als „FV Altshausen III“ an.
Begonnen hat alles vor wenigen Wochen. Ende September kamen die ersten Asylbewerber ins Haus am Weiher nach Altshausen, darunter viele junge Männer aus Afrika, vor allem aus Nigeria und Gambia. Schon wenige Tage später klopften die ersten an die Pforten des FV Altshausen, just als die zweite Mannschaft zu einem Auswärtsspiel abreiste. Klar, Sport verbindet und die Sprache des Fußballs verstehen alle. Relativ schnell fand der Verein eine Lösung und bot in der ersten Oktoberwoche ein Sichtungstraining für die Asylbewerber an.
Bis zu diesem Zeitpunkt kickten schon einige zum Spaß auf dem Sportgelände des Dornahofs. „Dann haben wir nach Absprachen mit dem Landratsamt und der Leitung des Haus’ am Weiher einen Anschlag am Schwarzen Brett gemacht, dass wir alle Interessierten Anfang Oktober zu einer Art Probetraining einladen“, erinnert sich Günter Rundel, stellvertretender Vorsitzender des FV Altshausen und Polizeikommissar am Polizeiposten Altshausen. 46 Sportbegeisterte folgten dem Aufruf. „Das war mehr als wir erwartet haben. Eigentlich hatten wir mit 25 gerechnet“, erinnert sich Rundel. Unter der Ägide von Altshausens Bezirksliga-Cheftrainer Niko Gleich, der zusammen mit Josef Häberle und Jugendleiter Siegfried Fritzen das Training leitete, absolvierten die Flüchtlinge die Einheit. Seither dürfen acht Spieler bei der ersten und der zweiten Mannschaft mittrainieren - jeweils vier.
Doch schnell wurde den Verantwortlichen klar: „Auch mit den verbliebenen Spielern müssen wir etwas machen“, sagt Rundel. Die Vereinsführung sprach bei einer Mannschaftssitzung vor. Es galt, Trainer oder Übungsleiter für ein Projekt zu finden, das relativ schnell den Namen „FV Altshausen III“ erhielt. Seit 14. Oktober trainieren nun Theodor Maleas, Benjamin Sies, Spieler der ersten Mannschaft, als Verantwortliche sowie Leo Häberle und Willi Maier, die Flüchtlingsmannschaft oder wechseln einander ab, wenn einer mal keine Zeit hat. Immer mittwochs und freitags um 14 Uhr. „Das Problem war, dass wir einen Termin nachmittags finden mussten, da die Plätze abends von den Aktiven und den Jugendmannschaften belegt sind“, sagt Rundel. „Aber das brachte natürlich das Problem, Übungsleiter zu finden, die nachmittags Zeit haben“, erinnert sich Rundel.
Seither sind die Spieler mit Feuereifer dabei. „Es kommen sogar andere Bewohner der Unterkuft, um beim Training zuzuschauen“, sagt Rundel. Auch weil der Fußball Sinn in den oft tristen Alltag voll des Wartens für die Flüchtlinge bringt.
Günter Rundel weiß, wovon er spricht. Auch weil er die Gegebenheiten in den Herkunftstländern kennt. Rundel war selbst in vier Auslandseinsätzen, in Bosnien, im Kosovo und zuletzt in Liberia. Er half dort, die Polizei vor Ort auszubilden und neu zu strukturieren. In Liberia lernte er dabei die Mentalität der Afrikaner kennen. „Neben dem Fußball wollen wir den Flüchtlingen auch einige Grundwerte vermitteln, gewisse Verhaltensregeln, auch gegenüber anderen Menschen, speziell Frauen. Da ist die Mentalität doch oft sehr verschieden. Die tun gewisse Dinge nicht in böser Absicht, aber sie kennen es teilweise nicht anders.“ Obendrein lernen die Flüchtlinge durch die Teilnahme am Training diszipliniert und pünktlich zu sein. „Wer fünf Minuten zu spät kommt, darf nicht mehr mittrainieren.“
Natürlich sind die inzwischen rund 25 Spieler, die zweimal pro Woche miteinander trainieren, noch keine echte Mannschaft. Denn keiner der Spieler hat einen Spielerpass. Zum einen weil steht noch gar nicht feststeht, ob sie bleiben dürfen, zum anderen weil die Flüchtlinge keine gültigen Papiere haben, nur ein DIN-A4-Blatt mit Namen und Passfoto. Um eine Art Ausweis zu erhalten, der sie als Asylbewerber kenntlich macht, müssen sie nacheinander nach Karlsruhe, um sich dort die Papiere abzuholen. Aber angesichts der Lage derzeit, dauert dies.
Und so gilt es, zunächst Freundschaftsspiele auszumachen. „Deshalb waren wir froh, als der SV Hoßkirch zugesagt hat“, sagt Rundel. „Ich habe Lukas Maier angerufen. Er und Otto Frosdorfer haben keinen Moment gezögert.
Außerdem lädt der SV Hoßkirch die Mannschaften nach dem Spiel noch zu einem gemeinsamen Abendessen ein. Es gibt Spaghetti mit Tomatensoße, etwas, das alle essen können“, sagt Rundel. Inzwischen hat er noch weitere Vereine im näheren Umkreis für die kommenden Wochen angefragt.
„Wir, vom SV Hoßkirch, sind der Meinung, dass diese Art von Integration gefördert werden sollte. Deshalb wollen wir uns da auch engagieren“, sagt Hoßkirchs Otto Frosdorfer. „Natürlich könnten wir uns auch hier vorstellen, Flüchtlinge in den Verein zu integrieren. Allerdings spielen dabei mehrere Aspekte eine Rolle, auf die man selbst keinen Einfluss hat“, sagt Frosdorfer.
Am Rande des Spiels ist ein Spendenaufruf für Winter- und Sportbekleidung geplant, so dass die Flüchtlinge auch bei kälteren Temperaturen zukünftig in der Lage sein werden, ihrem Hobby nachzugehen.
Unterschrift Foto: Günter Rundel, stellvertretender Vorsitzender des FV Altshausen Bild: Marc Dittmann, ©Schwäbische Zeitung