Heiligkreuztal sz
Drei Tage lang haben sich im Kloster Heiligkreuztal Interessierte und ehrenamtlich Engagierte getroffen, um über aktuelle Fragen der Flüchtlingspolitik zu sprechen. Mit den Referentinnen und Referenten aus Sozialbereich und Politik ergaben sich spannende Diskussionen und ein interessanter Erfahrungsaustausch.
Den Anfang machte Mervi Herrala vom Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Neben allgemeinen Zahlen der UN zu Flüchtlingen im vergangenen Jahr und zur aktuellen Situation heute, stellte sie die Fluchtursachen heraus. Herrala machte deutlich, dass es zwar momentan weniger Neuankömmlinge in Deutschland gibt, die Aufgaben in diesem Bereich aber nicht einfach vorbei sind. Wichtig sei nun die Integration der Flüchtlinge in unsere Gesellschaft. In ihrer täglichen Arbeit gerate sie aber immer wieder in kontroverse Diskussionen und spüre Sozialneid.
Deutsche Werte vermitteln
Josef Rief, Bundestagsabgeordneter der CDU für den Wahlkreis Biberach, zählte ebenfalls zu den Referenten. Er machte zunächst deutlich, dass die Welt durch verschiedene Faktoren näher zusammen gerückt sei. Das sei zwar eine wichtige Eigenschaft der Europäischen Union, mache es aber beispielsweise Schleppern einfach. Rief ging in seinem Vortrag außerdem auf die Angst der Menschen ein, dass „schwarze Schafe“ den Flüchtlingsstrom nutzen, um nach Deutschland zu kommen. Zudem sprach sich Rief für eine Integration aus, bei der deutsche Werte vermittelt werden. Eine Kultur, in der etwa die Frau unterdrückt wird, könne in Deutschland nicht akzeptiert werden. Bilanzierend sagte Rief, dass die Stimmung wohl schlechter als die Situation sei.
Schon ein Lächeln bewirkt viel
Am Nachmittag waren Stephanie Schneider und Sawsan Mardenli zu Gast und erzählten aus ihrem Alltag. Stephanie Schneider ist Erzieherin in Altheim und berichtete von ihren Erfahrungen mit Flüchtlingskindern und -familien. Sie sagte, es seien oftmals Kleinigkeiten, die, ihrer Erfahrung nach, Flüchtlingen den Start in Deutschland erleichtern: ein Lächeln, eine freundliche Begegnung, das Anbieten von Hilfe bei Briefen und Behördengängen. Besonders beeindruckt waren alle Tagungsbesucher von Sawsan Mardenli, die viele Fragen beantwortete: Seit wenigen Monaten ist sie mit ihrem Mann und den beiden Kindern in Deutschland. Geflohen ist die junge Mutter aus Aleppo. Ihr Sohn ging anfangs bei Stephanie Schneider in den Kindergarten, so entstand zwischen beiden Frauen eine Freundschaft. Seit einigen Monaten lernt Sawsan Mardenli nun Deutsch und ist auf der Suche nach einer Arbeit oder einem Ausbildungsplatz.
Nicht alles ist „rund gelaufen“
Die Politische Tagung endet traditionell mit dem Festvortrag. Als Referent konnte hier Karl-Heinz Wolfsturm gewonnen werden. Er ist von der Regierung Baden-Württembergs als Ombudsperson in den Erstaufnahmestellen des Landes eingesetzt. Sein Vortrag begann er mit einem erfrischend ehrlichen Blick auf die Situation und politischen Entscheidungen der vergangenen Monate. Es sei nicht alles „rund gelaufen“, nur die wenigsten Kommunen waren auf einen solchen Zustrom von Flüchtlingen eingestellt. Und so könne er es verstehen, dass es viele Probleme gibt, wenn in einer Kleinstadt auf einmal bis zu 3000 Menschen hinzukommen, die meistens die Sprache nicht beherrschen.
Wolfsturm betonte aber auch, wie wertvoll in dieser Situation die Hilfe der unzähligen Freiwilligen war und ist. Abschließend forderte er die Tagungsteilnehmer auf, auch weiterhin Flüchtlingen freundlich und tolerant zu begegnen, sich zu informieren und so sich selbst eine Meinung zu Gerüchten und Situationen zu bilden und in der Öffentlichkeit Flagge für eine offene Gesellschaft zu zeigen.
Unterschrift Foto: Karl-Heinz Wolfsturm, Ombudsperson in den Erstaufnahmestellen des Landes, sprach sich für eine offene Gesellschaft aus Bild: privat, ©Schwäbische Zeitung