Biberach, 19.01.2022 (Schwäbische.de, ©Schwäbische.de)
In einer „Erklärung zur Solidarität in der Pandemie für den Landkreis Biberach“ stellen sich Landrat Heiko Schmid und 30 weitere Unterzeichner hinter die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und laden weitere Gebietskörperschaften, Verbände, Institutionen, Vereine und Privatpersonen ein, den Aufruf zu unterstützen:
„Im ganzen Land sind an die Stelle angemeldeter Demonstrationen inzwischen vielfach sogenannte „Spaziergänge“ getreten. Über Messenger-Dienste organisiert finden sich in den Innenstädten regelmäßig viele Menschen, darunter auch Impfgegner, Coronaleugner und Verschwörungstheoretiker sowie Staats- und Verfassungsfeinde. Dabei werden häufig auch Abstands- und Hygieneregeln missachtet und dadurch die Gesundheit anderer gefährdet.
Nach zwei Jahren der Pandemie sind wir alle müde: Vom Abstandhalten und Maske-Tragen, von den immer neuen Kontaktbeschränkungen, Absagen und Schließungen, von Einschränkungen des täglichen Lebens, die aufgrund der Unberechenbarkeit des Virus und seiner Varianten erforderlich sind.
Aber wie müde und erschöpft müssen erst diejenigen sein, die in den Krankenhäusern und Pflegeheimen, in den Laboren, Arztpraxen, im Gesundheitswesen und bei den Rettungsdiensten arbeiten? Die um jedes Menschenleben kämpfen und dann immer wieder zusehen müssen, wie alle Kraft, aller Einsatz vergeblich waren?
Wie verzweifelt müssen sich diejenigen fühlen, die einen Angehörigen verloren haben, die mitansehen mussten, wie ein Mensch, zuvor oftmals gesund und mitten im Leben stehend, innerhalb kürzester Zeit auf Maschinen angewiesen ist, um überhaupt atmen zu können?
Wie müssen sich diejenigen fühlen, die sich angesteckt haben, als eine Impfung noch nicht möglich war und jetzt an den Folgen von Long Covid leiden?
Wie müde und erschöpft müssen die Geschäftsleute, Gastronomen, Hoteliers sein, die ihre Betriebe monatelang schließen mussten und jetzt nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen öffnen können? Die ihre mühsam aufgebauten Existenzen gefährdet sehen?
Die weit überwiegende Mehrheit schätzt die Kompetenz der Wissenschaft, die der Politik mit ihrer Expertise beratend zur Seite steht und dadurch entscheidend zur Bewältigung der Krise beiträgt, die gewonnene Erkenntnisse unmittelbar zur Verfügung stellt und so schnelle Reaktionen auf sich verändernde pandemische Situationen ermöglicht.
Die ganz überwiegende Mehrheit der Bevölkerung weiß um die Notwendigkeit der Maßnahmen, weiß um den Segen der Impfungen, die sich in der Corona-Pandemie in den allermeisten Fällen als entscheidendes Mittel gegen einen schweren Verlauf erwiesen haben.
Ganz bewusst hat das deutsche Grundgesetz der freien Meinungsäußerung und der Versammlungsfreiheit einen sehr hohen Stellenwert eingeräumt. In einer Demokratie gehört es dazu, dass die Vielfalt der Meinungen nebeneinander bestehen kann und Minderheiten geachtet und gehört werden. Und es muss einen Raum geben, in dem andere Meinungen gehört werden und Kritik geäußert werden darf. Wir sind zu einem solchen sachlichen und fairen Dialog auf der gemeinsamen Basis unseres Grundgesetzes jederzeit bereit. Und es ist gut und richtig, dass auch während der Pandemie Demonstrationen möglich sind, sofern die demokratisch legitimierten Regeln der Pandemiebekämpfung eingehalten werden.
Dass es jetzt aber landes- und bundesweit immer wieder zu Gewalt und Ausschreitungen gegen Polizisten kommt, dass die Gesundheit von Menschen weiterhin gefährdet wird, weil Abstands- und Hygieneregeln missachtet werden und dass Kritik an der Corona-Politik, die für sich genommen legitim ist, durch Staats- und Verfassungsfeinde unterwandert wird – das alles nehmen wir nicht schweigend hin, sondern sagen ganz klar:
Wir stehen voll und ganz hinter unserem demokratischen Staatswesen.
Wir stehen hinter den Maßnahmen, die unsere demokratisch legitimierten Regierungen ergreifen, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen, Leid und Tod von den Menschen abzuwenden, unser Gesundheitssystem und die kritische Infrastruktur dieses Landes vor dem Kollaps zu bewahren. Wir appellieren an alle Bürgerinnen und Bürger, Verantwortung füreinander und für das Gemeinwohl zu übernehmen und sich der gegenwärtigen Herausforderung konstruktiv zu stellen. Und wir sind überzeugt davon, dass wir die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger dabei hinter uns wissen.
Wir laden andere Gebietskörperschaften, Verbände, Institutionen, Vereine und Privatpersonen ein, den Aufruf zu unterstützen. Senden Sie dazu eine E-Mail an solidaritaet.corona(at)biberach.de mit Angabe Ihres Namens und ggf. Ihrer Organisation. Ihre Unterstützung wird dann öffentlich einsehbar in einer Auflistung auf der Homepage des Landkreises Biberach (www.biberach.de/solidaritaet) dokumentiert und veröffentlicht. Wir bedanken uns für Ihre Unterstützung.“
Heiko Schmid, Landrat und Vorstandsmitglied im Bündnis für Demokratie und Toleranz, mit den Unterzeichnern (in alphabetischer Reihenfolge):
Christiane Basse, Sonderschullehrerin und Mitglied im Bündnis für Demokratie und Toleranz
Dr. Nicolai Bianchi, Pandemiebeauftragter der Kassenärztlichen Vereinigung im Landkreis Biberach
Hermine Burger, Betriebsseelsorgerin der Katholischen Betriebsseelsorge Diözese Rottenburg-Stuttgart und Mitglied im Bündnis für Demokratie und Toleranz
Wolfgang Dangel, Gemeinderat, stellvertretender Bürgermeister der Stadt Bad Schussenried und Mitglied im Bündnis für Demokratie und Toleranz
Peter Diesch, Kreisvorsitzender der Bürgermeister
Cornelia Furtwängler, Vorstandsmitglied im Bündnis für Demokratie und Toleranz
Erwin Graf, Fraktionsvorsitzender im Gemeinderat der Stadt Laupheim und Mitglied im Bündnis für Demokratie und Toleranz
Andreas Gratz, Ökumenische Migrationsarbeit von Caritas und Diakonie/ÖMA
Peter Grundler, Leiter Caritas Biberach-Saulgau und Mitglied im Bündnis für Demokratie und Toleranz
Peter Haug, Geschäftsführer Rot-Kreuz-Bereich im DRK Biberach
Andreas Heinzel, Vorsitzender des Kreisjugendrings Biberach e.V. und Vorstandsmitglied im Bündnis für Demokratie und Toleranz
Wolfgang Jautz, Bürgermeister der Gemeinde Warthausen und Mitglied im Bündnis für Demokratie und Toleranz
Beate Jörißen, Geschäftsführerin Sana Kliniken Landkreis Biberach
Herbert Kasparek, Vorsitzender des DGB-Kreisverbands Biberach und Mitglied im Bündnis für Demokratie und Toleranz
Matthias Krack, Dekan des evangelischen Kirchenbezirks Biberach und Vorstandsmitglied im Bündnis für Demokratie und Toleranz
Frank Lock, Geschäftsführer der Lock Antriebstechnik GmbH und Mitglied im Bündnis für Demokratie und Toleranz
Dr. Ulrich Mohl, Ärztlicher Direktor Sana Kliniken Landkreis Biberach
Michael Mutschler, Geschäftsführer Rettungsdienst beim DRK Biberach
Hans Petermann, Bürgermeister a.D., Mitglied des Kreistags Biberach und Mitglied des Bündnisses für Demokratie und Toleranz
Joachim Reis, Gemeinderat der Stadt Riedlingen und Mitglied des Bündnisses für Demokratie und Toleranz
Dagmar Rüdenburg, Vorsitzende des Interkulturellen Forums für Flüchtlingsarbeit e.V. und Mitglied des Bündnisses für Demokratie und Toleranz
Klaus Sanke, Pfarrer der Seelsorgeeinheit Langenenslingen, stellvertretender Dekan des katholischen Kirchenbezirks Biberach und Mitglied des Bündnisses für Demokratie und Toleranz
Sigmund F. Schänzle, Dekan des katholischen Dekanats Biberach und Vorstandsmitglied im Bündnis für Demokratie und Toleranz
Walter Scharch, Erster Vorsitzender des Stadtjugendrings Biberach und Mitglied des Bündnisses für Demokratie und Toleranz
Eugen Schlachter, Geschäftsführer und Mitglied des Bündnisses für Demokratie und Toleranz
Elisabeth Strobel, Präsidentin des Sportkreises Biberach
Eva-Britta Wind, Erste Bürgermeisterin der Stadt Laupheim
Norbert Zeidler, Oberbürgermeister der Stadt Biberach
Michael Ziesel, Vorsitzender des Blasmusik-Kreisverbands Biberach und Mitglied im Bündnis für Demokratie und Toleranz
Christa Zöllner-Haberbosch, Mitglied im Bündnis für Demokratie und Toleranz