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    Ex-Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise stellt sich Fragen und Wünschen von Flüchtlingshelfern

    Biberach, 27.07.2017 (Daniel Hadrys, ©Schwäbische Zeitung)

    Biberach sz
    Zum Schluss wird es im Volksbanksaal richtig unruhig. Frank-Jürgen Weise, ehemaliger Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), rät ehrenamtlichen Helfern dazu, vorrangig Asylsuchenden mit guter Bleibeperspektive zu einem Job zu verhelfen – beispielsweise Syrern vor Gambiern.

    Es ist die Antwort Weises auf die Klage einer freiwilligen Helferin, die Bundesregierung habe bereits berufstätige Menschen aus Gambia aus Deutschland abschieben wollen. Wegen solcher Sorgen und Geschichten haupt- und ehrenamtlicher Akteure der Flüchtlingsarbeit ist Weise, nun Beauftragter des Bundesinnenministeriums für integriertes Flüchtlingsmanagement, nach Biberach gekommen. Eingeladen hatte ihn der SPD-Bundestagsabgeordnete Martin Gerster.

    Asylrecht ist Aufgabe der Politik

    Weise sagt, man solle „die in Arbeit vermitteln, die ein Bleiberecht haben“. Und regt an, über ein Asylrecht zu diskutieren, das auch berufstätigen Menschen aus Ländern wie beispielsweise Gambia eine langfristige Perspektive in Deutschland gibt. Die Diskussion über ein Asyl- und Migrationsrecht, das arbeitswilligen Fachkräften aus sicheren Herkunftsstaaten eine Bleibeperspektive garantiere, sei eine politische und könne nicht auf der Ebene der Verwaltungspraxis gelöst werden. Als Amtsträger könne er nicht „Recht verletzen“, also in Einzelfällen das Bleiberecht erteilen. Doch er fügt hinzu: „Wenn Sie den Menschen Frank Weise nach diesen Fällen fragen: Es ist unerträglich.“

    Auch bei anderen Themen wünschen sich die Menschen mehr Unterstützung von Politik und Behörden. Einer von ihnen ist Kawus Drammeh, 2008 selbst aus Gambia nach Deutschland gereist. „Ich bin gemeinsam mit einem Bekannten nach Deutschland gekommen, sein Status ist immer noch ungeklärt“, erzählt er. „Er möchte arbeiten“, sagt der Familienvater, der in Biberach arbeitet. Drammeh kenne zudem mehrere Fälle, in denen der Entzug der Aufenthaltserlaubnis droht. Er kritisiert Weises Aussage, Integration funktioniere am besten durch Arbeit. „Ich muss leider sagen, man redet viel über Integration, aber die Behörden verhindern diese.“

    Weise weist dies zurück. Er verwehrt sich der Aussage, staatliche Stellen würden die Eingliederung der Menschen in die Gesellschaft boykottieren. „Die Menschen müssen ihren Teil erbringen.“ Doch bietet der 65-Jährige auch an, die erwähnten Fälle prüfen zu lassen.

    Weise lobt die Ehrenamtlichen. Ohne sie sei die Krise nicht zu bewältigen gewesen. Doch eines ist Konsens unter den Freiwilligen: Sollte sie sich in einer ähnlichen Form wiederholen, sei man dafür nicht gewappnet.

    Unterschrift Foto: Frank-Jürgen Weise, ehemals Leiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, will vor allem „die in Arbeit vermitteln, die ein Bleiberecht haben“ Bild: dpa, ©Schwäbische Zeitung