Ehrenamtliche aus dem Landkreis Biberach haben in Stuttgart ein Zeichen für eine offene und tolerante Gesellschaft gesetzt. Das teilt das Team der Ökumenischen Flüchtlingsarbeit von Caritas und Diakonie (ÖFA) in einer Pressemeldung mit.
Mit 63 kunstvoll gestalteten „Asylstühlen“ beteiligten sich Ehrenamtsinitiativen und Einzelpersonen aus dem Landkreis und den angrenzenden Landkreisen Ravensburg und Sigmaringen an der zentralen Veranstaltung der landesweiten Kampagne „Platz für Asyl in Europa“ in Stuttgart, um sich für eine menschenwürdige Asyl- und Flüchtlingspolitik einzusetzen. Mit der Aufstellung von mehr als 1000 „Asylstühle“ aus ganz Baden-Württemberg fand die von der Diakonie Württemberg initiierte und organisierte Kampagne zur Europawahl und zum Weltflüchtlingstag 2019 auf dem Stuttgarter Marktplatz ihren Höhepunkt.
Als Plädoyer für eine offene, vielfältige und tolerante Gesellschaft erzählte jeder Asylstuhl seine eigene, teils sehr persönliche Geschichte. Krieg, brennende Häuser, Flucht und Vertreibung wurden ebenso thematisiert wie der Wunsch, geflüchteten Menschen in Deutschland Asyl und auch eine neue Heimat und Perspektive zu bieten. „Mit Stacheldraht und Mauern auf gemalten Europaflaggen erhoben sich kritische Stimmen gegen eine sich abschottende Festung Europa“, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Auch das Grundgesetz diente vielen als Inspiration für ihren Asylstuhl.
„Wir sind verpflichtet, zu helfen“
Auch in Ertingen, Laupheim, Mengen, Ochsenhausen, Rottum, Tannheim, Uttenweiler und Wain hatten sich ehrenamtlich Aktive und Geflüchtete in kreativer Vielfalt mit den Themen Flucht und Asyl auseinandergesetzt. Organisiert von der Ökumenischen Flüchtlingsarbeit von Caritas und Diakonie folgte eine Gruppe Ehrenamtlicher der Einladung zur Fahrt nach Stuttgart, um nach eigenen Worten „öffentlich zusammen mit anderen zu zeigen, dass die rechten Strömungen nicht die Mehrheitsmeinung in Deutschland darstellen“. „Was soll ich denn meinen Enkeln hinterlassen? Hass und Engstirnigkeit? Wir sind verpflichtet, den Menschen, die in Not geraten sind, zu helfen. Es ist auch ein Ausdruck meiner tiefsten Dankbarkeit, dass ich in Frieden, Freiheit und Demokratie aufwachsen konnte“, beschrieb eine Teilnehmerin ihre Motivation.
Eröffnet wurde die Veranstaltung mit einem gemeinsamen Mittagsgebet in der gut gefüllten Stiftskirche. Auf dem anschließenden Podium sprachen verschiedene Vertreter aus Kirche, Politik und Gesellschaft, darunter auch der Präsident der Konferenz Europäischer Kirchen, Christian Krieger, und Rainer Wieland, Vizepräsident des Europäischen Parlaments. Auch ehrenamtlich Engagierte und Geflüchtete kamen in Interviews zu Wort. Die Stellungnahmen mündeten im dringenden Appell, am 26. Mai zur Wahl zu gehen. „Diese Asylstühle sollen uns daran erinnern, dass wir ,Ja‘ sagen zu einem Europa der Menschenrechte – zu einem Europa, das sich dafür einsetzt, dass Menschen auf der Flucht einen Raum und einen Platz bekommen“, betonte Landesbischof Frank Otfried July.
Präsentationen in der Region
Die Teilnehmer aus dem Landkreis Biberach waren angetan von der angenehmen und entspannten Atmosphäre des „Happenings“, bei dem es nicht um Parteipolitik ging, sondern, wie es einer aus der Gruppe formulierte, um eine Aktion, von Menschen getragen, die sich aus den unterschiedlichsten Gründen für Flüchtlinge, eine offene Gesellschaft und ein starkes Europa einsetzen.
Mittlerweile sind die 63 Stühle wieder in Biberach und den Helferkreisen angekommen. Sie werden in den nächsten Wochen für regionale Präsentationen genutzt, so beim Biberacher Musikfrühling auf dem Hafenplatz vor dem Livingroom am 1. Juni, im Rathaus in Schemmerhofen und beim Food-Festival am 2. Juni in Uttenweiler.
Unterschrift Foto: „migration is not a crime“ – Eindrücke der Asylstuhlkampagne auf dem Stuttgarter Marktplatz. Bild: privat, ©Schwäbische Zeitung