Laupheim sz
In den heimischen Betrieben arbeiten deutlich mehr Flüchtlinge als noch vor einem halben Jahr. „2017 werden nicht zuletzt die Ausbildungszahlen steigen“, sagt Armin Speidel, Leiter der Koordinierungsstelle Flüchtlinge bei der Industrie- und Handelskammer Ulm.
90 Praktikumsplätze haben Speidel und sein Team im vergangenen Jahr in der IHK-Region vermittelt, inzwischen sind es 140. Dreiundzwanzig Flüchtlinge befinden sich im ersten Lehrjahr, 31 in einer Einstiegsqualifizierung. Gerade dieses Instrument sei oft besonders wertvoll, sagt Speidel, weil es eine Vorstufe zur Ausbildung darstellt und den jungen Menschen ein Jahr mehr Zeit gibt, sich zurecht zu finden und mit den Anforderungen klar zu kommen. Die Firmen ihrerseits können zusätzliche Förderangebote machen.
Die Vermittlungszahlen werden weiter anziehen, ist Speidel gewiss. Nach dem großen Flüchtlingsstrom 2015 hätten Politik und Wirtschaft erst die notwendigen Strukturen schaffen müssen, für die Ankömmlinge stand Deutschunterricht im Mittelpunkt. Inzwischen absolvieren auch in der Region Hunderte Asylsuchende in den Vorqualifizierungsklassen Arbeit/Beruf das zweite, abschließende Schuljahr. Zwölf junge Leute sind es an der Kilian-von-Steiner Schule Laupheim. Seit Oktober erkunden sie einen Tag pro Woche als Praktikanten die Arbeitswelt. „Plätze für sie zu finden war in Laupheim relativ einfach. Viele Firmen zeigten sich offen dafür und haben Geduld bewiesen. Das zahlt sich aus“, berichtet Speidel. „Und mit einer Ausnahme hat es auch prima geklappt.“ Bei den meisten werde es nun auf eine Einstiegsqualifizierung hinauslaufen.
Die Erfahrungen seien gut, bestätigt Roland Pecha, Vorsitzender des Bundes der Selbständigen (BDS) in Laupheim. Die Betriebe, die sich bisher schon engagieren, wollten auch künftig mitwirken, Flüchtlinge in Ausbildung und Beschäftigung zu bringen, so Pecha. Das dürfe er auch für den Laupheimer Unternehmerkreis LUK feststellen. Die Unternehmen wollten zum einen ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden; zum anderen hätten sie ihren Bedarf an gut ausgebildeten Mitarbeitern im Blick. Armin Speidel habe früh das Gespräch gesucht und Fundamente für die Zusammenarbeit gelegt.
Besonders bei kleineren Betrieben herrsche hier und da eine gewisse Unsicherheit wegen der bürokratischen Erfordernisse, weiß Pecha. „Da sollten wir noch verstärkt beraten und informieren.“ Bei der Koordinierungsstelle Flüchtlinge kümmern sich Speidel und eine Kollegin darum.
Sorge bereitet Speidel und Pecha, wie das im August 2016 in Kraft getretene Integrationsgesetz von den Behörden in Baden-Württemberg gehandhabt wird. Erlassen wurde es mit der Maßgabe, die Rechtssicherheit für auszubildende Betriebe zu erhöhen. Flüchtlinge, die mit einer befristeten Aufenthaltsgestattung eine Lehre beginnen, sollen sie abschließen und dann mindestens zwei weitere Jahre in Deutschland arbeiten dürfen, auch wenn ihr Asylantrag abgelehnt wurde.
In der Praxis könne es nun aber passieren, dass keine Ausbildungsduldung erteilt wird, wenn zum Beispiel kein im Heimatland des Flüchtlings ausgestelltes Passdokument vorgelegt werden kann. Die Ausländerbehörde kann in solchen und anderen Fällen die Weiterführung der Ausbildung untersagen, was einen Abbruch zur Folge hätte.
Die Kriterien für die Ausbildungsduldung, die frühestens zwei Monate vor Beginn der Ausbildung beantragt werden kann, würden in Baden-Württemberg und Bayern strenger angewandt als in anderen Bundesländern, hat Armin Speidel beobachtet. Vor allem für kleinere Betriebe könnte dies künftig ein Hemmnis sein, Asylsuchenden eine Einstiegsqualifizierung oder Lehrstelle anzubieten. „Die Regierung sollte mehr Planungssicherheit für alle Beteiligten schaffen“, wünscht sich Roland Pecha. „Schließlich bringen sich die Unternehmen ein und betreiben einen erhöhten Aufwand.“
Unterschrift Foto: „In Laupheim Plätze zu finden war relativ einfach“, sagt Armin Speidel. Bild: Roland Bay, ©Schwäbische Zeitung