Acht Geflüchtete haben bei der Biberacher Metzgerei Koch eine Anstellung gefunden. Teilweise arbeiten sie im Schlachthof, als Produktionshelfer oder machen eine Ausbildung. „Wir finden einfach keine Leute mehr, die diese Jobs machen wollen“, sagt Geschäftsführer Michael Koch.
„Gerade im Handwerk wird es immer schwerer, geeignete Arbeitskräfte zu finden.“ Dabei könnte er jetzt glücklich sein, denn er hat fähige Männer gefunden, die in seiner Metzgerei arbeiten. „Wir leben aber immer mit der Angst, dass die Geflüchteten jederzeit abgeschoben werden könnten.“
Diese Angst teilen viele Biberacher Unternehmer und haben sich deshalb zum Unternehmerforum für Flüchtlinge zusammengeschlossen. Auch das Interkulturelle Forum für Flüchtlingsarbeit (IFF) ist Teil der Initiative.
„Wir wollen auf das Thema Abschiebungen aufmerksam machen“, sagt Edda Fenstermann vom IFF. „Möglicherweise können wir Einfluss auf die Politik nehmen, zumindest wenn es um die Ausübung der Gesetze in Baden-Württemberg geht.“
Neues Gesetz kommt 2020
Das neue Beschäftigungsduldungsgesetz tritt ab 1. Januar 2020 in Kraft. Es sollte Geflüchteten in Arbeit eigentlich mehr Sicherheit verschaffen, „doch in Wahrheit sorgt es für noch mehr Unruhe und Angst“, so Fenstermann. So ist es beispielsweise bei der Biberacher Firma Biechele Stahl und Eisenwaren passiert.
Sie hatten einen Geflüchteten angestellt. Nachdem dieser einen abgelehnten Asylantrag erhielt, kam er in den Status der Duldung. Wenn er diesen Status zwölf Monate aufrechterhalten kann, dann gibt es die Chance darauf, dass er bleiben und auch weiter arbeiten darf.
„Das Problem ist aber, dass die Menschen diese zwölf Monate kaum schaffen, weil sie vorher abgeschoben werden“, ärgert sich Fenstermann. „Wir fordern, die zwölf Monate Duldung auf sechs Monate herunterzuschrauben.“
Bei der Firma Biechele war der Fall besonders bitter: „Wir haben unserem Mitarbeiter sogar bei der Beschaffung seines Identitätsnachweises geholfen, weil man uns sagte, dann darf er bleiben.“ Und plötzlich wurde der Mann abgeschoben.
„Wir investieren viel Zeit und Geld in unsere Mitarbeiter und am Ende haben wir keine Sicherheit“, sagt Florian Biechele. „Es gibt kaum noch Leute auf dem Arbeitsmarkt, vor allem nicht bei unserer Arbeitslosenquote in Biberach.“
Existenzen sind gefährdet
Auch für Andreas Höschele, Inhaber des Hotels und Restaurants „Grüner Baum“, ist die aktuelle Situation existenzgefährdend. „Es kann nicht sein, dass wir Kräfte anlernen und plötzlich kommen sie nicht mehr zur Arbeit. Wir als Unternehmer sind dann aufgeschmissen, aber noch viel schlimmer sind die persönlichen Schicksale, die dahinter stecken.“
Erst kürzlich ist es Höschele so ergangen. Er hatte einen Geflüchteten aus Gambia als Küchenhilfe angestellt und plötzlich kam das Arbeitsverbot.
„Es ist doch unsinnig, jemanden, der sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist, da herauszuholen und ihm dann Sozialhilfe zu bezahlen“, ärgert sich Höschele. „Da läuft doch was schief. Wir sind auf diese Mitarbeiter angewiesen. Es sind Jobs, für die man keinen Deutschen mehr findet.“
Ganz aktuell ist es auch beim Bauunternehmen Grimm aus Maselheim. Baba Jallow aus Gambia arbeitet dort seit vier Jahren und lebt seit sieben Jahren in Deutschland. Doch sein Asylantrag wurde abgelehnt, „jetzt lebt er täglich in Angst“, sagt Elena Grimm. „Und wir auch. Wir freuen uns jeden Tag, wenn er zur Arbeit erscheint, aber die Unsicherheit ist extrem hoch.“
Weil die Unternehmer auf die vielen Missstände aufmerksam machen wollen, haben sie bereits einen offenen Brief an Oberbürgermeister Norbert Zeidler geschrieben und warten ebenfalls auf einen Termin bei Landrat Heiko Schmid. „Wir wissen zwar, dass Stadt und Kreis keine Entscheidungsgewalt haben, aber wir hoffen auf moralische Unterstützung“, sagt Höschele. Das ist es auch, was Edda Fenstermann sich wünscht: „Viele Menschen können gemeinsam einfach mehr bewegen.“
Unterschrift Foto: Ibrahima Mahalido aus Kamerun (links) und Sulayman Camara aus Gambia arbeiten sei ein paar Jahren in der Produktion der Biberacher Metzgerei Koch. Bild: Tanja Bosch, ©Schwäbische Zeitung