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    "Begegnungscafé International" will Berührungsängste abbauen und den Austausch fördern

    Laupheim, 12.04.2019 (Anke Kumbier, ©Schwäbische Zeitung)

    Am 11. Februar hat das „Begegnungscafé International“ im katholischen Gemeindehaus seine Pforten geöffnet. Alle 14 Tage gibt es dort montags zwischen 16 und 18 Uhr Kaffee, Tee, Wasser und Kekse. Es soll ein Ort sein, an dem Menschen jedweder Couleur zusammenkommen, sich austauschen und Berührungsängste abbauen können.

    Erna Fischbach, Integrationsbeauftragte der Stadt Laupheim, und Julia Blessing, Ehrenamtskoordinatorin der ökumenischen Flüchtlingsarbeit, organisieren das Café. Nach zwei Monaten ziehen sie ein positives Zwischenfazit. Die letzten Male seien jeweils zwischen 20 und 30 Leute dagewesen. „Es war an der Zeit, dass es wieder einen Ort für Begegnungen gibt“, hebt Blessing hervor. Die Autorenlesung am vergangenen Montag war für die beiden die erste große Veranstaltung.

    Die Schriftstellerin Katrin Seglitz und die syrischen Geflüchteten Mohamed und Dersim stellten das Buch „Meine traurige Heimat war das schönste Land der Welt. Jetzt ist es das unglücklichste“ vor. Seglitz gibt Integrationskurse an der Volkshochschule Ravensburg, 2017 war sie die Deutschlehrerin von Mohamed und Dersim. Die Idee einer Erzählwerkstatt entstand. Ein Jahr lang zeichnete sie Geschichten von syrischen Geflüchteten auf. Im Herbst 2018 erschien das Buch.

    Geschichten von Krieg und Flucht

    Die Beiträge handeln von Krieg und Flucht, aber auch von alltäglichen Szenen. Mohamed, 30, der in Aleppo Französische Literatur studierte, berichtet von seinen Kanarienvögeln und einer Katze, die der Familie zulief. Wie es ist, an der Grenze zur Türkei aufzuwachsen, erzählt der 35-jährige Dersim, der Medizin studierte und während des Krieges in verschiedenen Krankenhäusern arbeitete. Als sein Leben als Kurde in Gefahr war, beschloss er zu fliehen und landete – eher zufällig – in Deutschland.

    Die Zuhörer nutzten die Gelegenheit, um viele Fragen zu stellen. Sie erfuhren, dass Dersim eigentlich nach Norwegen wollte. „In München habe ich den falschen Zug genommen“, erzählte er. Die Polizei griff ihn in Stuttgart auf und erlaubte ihm nicht, weiterzufahren. „Der falsche Zug, aber zum richtigen Ort“, sagt er heute.

    „Welche Wünsche haben Sie für ihr Land?“, wollten die Anwesenden wissen. „Solange diese Regierung an der Macht ist, ist keine Rückkehr möglich.“ Sollten sich die Zustände ändern, möchten beide nach Hause gehen und beim Aufbau dabei sein. Dass es ein langer Weg werden könnte, ist ihnen bewusst. „Demokratie kommt nicht auf einmal. Aber es ist wichtig, erste Schritte zu machen“, zeigte sich Dersim überzeugt.

    Dem Muster der Lesung folgend, ist einmal pro Monat ein größeres Event geplant. „Wir wollen einen Arabisch-Crashkurs und einen Spielenachmittag machen, gemeinsam kochen und ein Sommer- oder Herbstfest organisieren“, zählt Erna Fischbach auf. So zufrieden die beiden Organisatorinnen mit dem Erfolg des Cafés sind, so wünscht sich Fischbach doch noch Kontakt zu weiteren internationalen Menschen, beispielsweise mit kroatischem, türkischem und russischem Hintergrund. Auch mehr „Ur-Laupheimer“ seien willkommen. Laut der Integrationsbeauftragten kommen nur wenige junge Leute. Wäre die Begegnungsstätte länger geöffnet, sähe das anders aus, vermutet sie.

    Sich trauen, einander begegnen

    Blessing und Fischbach berichten, dass vor einigen Wochen im Nebenzimmer Frauen Ostereier einfärbten und dann neugierig ins Café lugten. „Sie waren interessiert, habe sich getraut, Fragen zu stellen und Ängste zu thematisieren“, erzählt Fischbach. Genau das wolle man mit dem Café bezwecken. Zwei weitere Nebeneffekte kommen dazu: Aus den Gesprächen entstünden neue Projektideen, und die zwanglose Atmosphäre sorge dafür, dass sich Ehrenamtliche und Hauptamtliche auf einer anderen Ebene begegnen und auch mal reden könnten „wie ihnen der Schnabel gewachsen ist“.

    Unterschrift Foto: ulia Blessing (links) und Erna Fischbach, die Organisatorinnen des Begegnungscafés. Bild: Anke Kumbier, ©Schwäbische Zeitung