sz-online-20151022-schussenried-schueler.jpg

    Jugendliche erfahren mehr über die persönlichen Schicksale der Asylbewerber im Ort

    Bad Schussenried, 22.10.2015 (sz, ©Schwäbische Zeitung)

    Es ist meist ziemlich abstrakt, im Schulunterricht etwas über Flüchtlinge und Migration zu erfahren. Schulleiterin und Gemeinschaftskundelehrerin Susanne Wehling wollte den Unterricht der Klasse 9 des Caspar-Mohr-Progymnasiums lebendiger gestalten und arrangierte ein Treffen mit Flüchtlingen, die in Bad Schussenried leben.

    Die Schüler hatten sich zuvor im Unterricht auf das Treffen vorbereitet. Sie schrieben Fragen auf, die sie den Flüchtlingen stellen wollten. Das Treffen vor Ort gestaltete sich dann aber doch ganz anders als im nüchternen Klassenzimmer gedacht, berichtete Susanne Wehling.

    Die Klasse traf sich mit den Gesprächspartnern im Gemeinschaftsraum der Unterkunft, in dem sonst hauptsächlich die ehrenamtlichen Helfer arbeiten. Dazu kamen die beiden Sozialarbeiterinnen des Landratsamts Biberach, die den Besuch ermöglicht hatten und berichteten zunächst vom Ablauf eines Asylverfahrens.

    Verständigung auf Französisch

    Wie im Falle eines Pilotprojekts nicht unüblich, lief nicht alles reibungslos. Die Schüler hatten sich darauf eingestellt, auf Englisch mit den Gesprächspartnern zu kommunizieren und entsprechend ihre Fragen vorbereitet. Drei der Flüchtlinge in Bad Schussenried hatten sich bereiterklärt, mit der Klasse zu sprechen, darunter zwei Syrer, die allerdings nur Arabisch sprachen, sowie ein Kameruner, dessen sehr gutes Französisch es den Schülern ermöglichte, ohne Dolmetscher mit ihm zu sprechen.

    Mit der Situation in der Flüchtlingsunterkunft fühlen sich die Asylbewerber grundsätzlich wohl und bekundeten, dass sie sich gut aufgenommen fühlen. Die Schüler erfuhren von ihren Gesprächspartnern, dass einige Flüchtlinge bereits an Deutschkursen teilnehmen und dass die 35 Personen, die alle als Familien im Gebäude leben, grundsätzlich gut miteinander auszukommen, auch wenn sich kleine Konflikte auf so engem Raum nicht gänzlich vermeiden lassen.

    Die Fragen der Schüler bezogen sich vor allem auf den Verlauf der Flucht. So erfuhren sie nach und nach die Fluchtgeschichte einer Familie, die ein Jahr lang mit einem Kleinkind auf der Flucht gewesen war und dabei zehn Länder passieren musste, um der Frau die Zwangsverehelichung mit einem anderen Mann zu ersparen. Nach einer Überfahrt im Schlauchboot von Afrika nach Spanien konnten sie dort gerade einmal zwei Wochen in einer Flüchtlingsunterkunft verbringen, bevor sie erneut auf die Straße gesetzt wurden und den letzten Teil ihrer Flucht bis nach Deutschland antraten.

    Obwohl diese ergreifende Erzählung nicht spurlos an den jungen Schussenriedern vorbeiging, war das eigentliche Highlight des Besuchs das Zusammentreffen mit einer Gruppe von Kindern aus der Unterkunft, mit denen sich schnell zeigte, dass sprachliche Hürden gegenseitigem Verständnis nicht im Wege stehen müssen. Die großenteils syrischen Kinder probierten ihre ersten deutschen Worte aus, die sie in der Vorbereitungsklasse der Drümmelbergschule bereits gelernt haben. Gemeinsam mit den Schussenrieder Schülern verständigten sie sich mimisch und gestisch und schnell war die ganze Runde am Lachen und Spielen. Selbst nach dem offiziellen Ende der Veranstaltung blieb ein Teil der Schüler mit den Kindern noch eine ganze Weile auf der Straße zusammen, um gemeinsam zu spielen.

    Unterschrift Foto: Trotz Sprachproblemen gelang der Kontakt zu den Kindern schnell und unkompliziert. Bild: privat