Das Land möchte in der früheren japanischen Schule in Bad Saulgau Flüchtlinge in der Erstaufnahme unterbringen. Die derzeitigen Einrichtungen in stillgelegten Kasernen und in angemieteten Hallen füllen sich, sind teilweise schon überbelegt. Die Schule als Flüchtlingsunterkunft soll für Entlastung sorgen. Die Stadtverwaltung in Bad Saulgau wehrt sich jedoch gegen eine Aufnahmestelle in unmittelbarer Nachbarschaft von zwei Schulen.
Die Lage in Baden-Württemberg bei der Flüchtlingsunterbringung ist angespannt. In der Bürgerversammlung am Donnerstag im Bad Saulgauer Stadtforum zog Wolf-Dietrich Hammann vom Integrationsministerium den Vergleich mit den Zahlen aus dem Jahr 2007. Damals seien jährlich 1500 Asylsuchende im Land angekommen. „Die Zahlen sind explodiert“, sagte der Vertreter des Ministeriums vor rund 900 Zuhörern. 15000 Flüchtlinge kamen allein im September dieses Jahres im Land an. 30000 Flüchtlinge befinden sich in den Einrichtungen zur Erstaufnahme.
Händeringend sucht das Land nach Immobilien. Zuletzt mietete das Ministerium eine Industriehalle in Ergenzingen bei Rottenburg an. Flüchtlinge aus München kamen über Esslingen dorthin. Nach den stillgelegten Kasernen werden erstmals aktive Kasernen der Bundeswehr als Unterkünfte genutzt. Jetzt will das Land in Bad Saulgau allerdings Platz für weitere 574 Flüchtlinge schaffen.
Alle verfügbaren Landesimmobilien hat das Land bereits auf ihre Tauglichkeit als Flüchtlingsunterkunft geprüft. Auch die frühere japanische Schule kam so in den Fokus. Sie war vom Land im Jahr 1877 als Lehreroberschule eröffnet worden. Zuletzt beherbergte das Gebäude eine Zweigstelle der japanischen Toin-Gakuen-Schule in Yokohama. Seit drei Jahren steht es leer. Den Plänen, dort eine Bildungseinrichtung mit naturwissenschaftlichem Profil (MINTech-Zentrum) einzurichten, folgte das Kultusministerium nicht.
Bad Saulgaus Bürgermeisterin Doris Schröter betonte bei der Bürgerversammlung, dass die Stadt ihrer Verantwortung bei der Unterbringung von Flüchtlingen nachkommen wolle. 60 Asylbewerber wohnen bereits in der 17000-Einwohner-Stadt. Die Unterbringung von 200 weiteren Flüchtlingen sei geplant.
Gegen die Umnutzung des Schulgebäudes in der Nähe von zwei weiterführenden Schulen will sich die Stadt aber mit den Mitteln des Planungsrechts wehren. Denn: „Es ist im Land einzigartig, dass so unterschiedliche Nutzungen wie Flüchtlingsunterbringung und Schule so dicht beieinander sind“, argumentiert die Bürgermeisterin. Schützenhilfe bekam sie von der Landrätin des Landkreises Sigmaringen, Stefanie Bürkle. Durch die Nutzung der Kaserne in Sigmaringen als Erstaufnahmestelle „hat der Landkreis bereits das doppelte an Flüchtlingen aufgenommen als er nach dem Verteilerschlüssel hätte aufnehmen müssen.“
Das Land hat entschieden: Die Schule wird zur Flüchtlingsunterkunft umgebaut. Doch dem Antrag auf die Nutzungsänderung wird die Stadt als zuständige Genehmigungsbehörde das Einvernehmen nicht erteilen. Inwieweit Regierungspräsidium und Land dieses Verfahren verkürzen können, konnte bei der Versammlung noch niemand sagen.
Unterschrift Foto: Bild: Thomas Warnack, ©Schwäbische Zeitung